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Elektrik für Nichtelektriker

MM

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26. Feb. 2007
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in der schönen Pfalz
Viele von Euch starten eine Frage mit dem Satz "Ich habe keine Ahnung von Elektrik..." und in manchen Diskussionen werden Begriffe wie Strom, Spannung und Leistung wild durcheinander gewürfelt.
Da habe ich mir gedacht, ich verfasse mal eine Lektion für Anfänger. ;)

In der Physik, von der die Elektrik ja ein kleines Teilgebiet ist, kann man schöne Analogien finden, die das Verständnis erleichtern. Einen solchen klassischen Vergleich will ich hier verwenden -einen Wasserkreislauf als Analogie zum Stromkreis.

Elektrik.jpg

Wir beginnen links mit der Pumpe; sie entspricht elektrisch dem Generator oder der Lichtmaschine. Von außen wird mechanische Leistung über die Antriebswelle eingetragen und das Ergebnis ist im Wasserkreis eine Strömungsmenge und ein Druck. Auf der elektrischen Seite liefert die Lichtmaschine einen Stromfluß und eine Spannung.
Merke: elektrischer Strom [Ampere] ist eine Durchflussmenge [Liter/Stunde]
und elektrische Spannung [Volt] entspricht dem Druck in der Leitung [bar]


Im Wasserkreis finden wir einen Hochbehälter, dem auf der elektrischen Seite die Batterie (korrekt Akku) entspricht. Wie die Höhe [Meter Wassersäule oder bar] des Behälters hat die Batterie "Druck" = Spannung. Die Größe des Behälters ist analog zur Kapazität der Batterie.
Merke: Batteriekapazität [Amperestunden] ist ein "bevorrateter" Strom [Liter]

Von Pumpe/Hochbehälter (Lichtmaschine/Akku) wird das Wasser (der Strom) transportiert über Rohrleitungen (Kabel). Im Wassersystem startet man nach der Pumpe mit Druckleitungen; die sind in der Elektrik als "+" gekennzeichnet und häufig rot markiert. Die Rücklaufleitung heißt in der Elektrik "-" und ist meist braun.
Hier wird auch klar, welche Rolle der Leitungsquerschnitt spielt.
Merke: Kabelquerschnitt [mm²/Zoll] ist nötig für die durchzuleitende Menge [Ampere/Liter je Std.]

Als nächstes finden wir einen Kugelhahn bzw. einen Schalter. Das sind jeweils Bauteile, die dafür gedacht sind, den Fluss laufen zu lassen oder zu stoppen. Schließe ich den Kugelhahn oder öffne ich den Schalter, bewegt sich nichts mehr im Kreis.
Mein Wasserkreis treibt ein Rad, der elektrische Strom eine Glühlampe. Parallel zu beiden sind ein Manometer/Voltmeter angeordnet, in Reihe (danach) ein Durchflussmesser/Amperemeter. Mein Wasserrad liefert nun mechanische Leistung, kann also zum Beispiel eine Mühle antreiben. Meine Lampe liefert ganz viel Wärme und ein bisschen Licht.
Die Leistung wird in beiden Fällen in der gleichen Dimension [Watt] angegeben und bestimmt sich aus Druck x Menge bzw. Spannung x Strom.
Merke: Spannung wird immer parallel zum Objekt gemessen
und Strom wird immer in Reihe zum Objekt gemessen
und Die Leistung ergibt sich aus Spannung x Strom.

Nach der Strommessung habe ich eine Engstelle eingebaut. Diese begrenzt mir als Drossel im Wasserkreis die Menge, im Stromkreis also den Strom (dort nennt man es Widerstand). In der Praxis brauche ich das z. B. bei LEDs, die nur einen Stromfluss von 20 ... 30 mA vertragen. An der Drossel (dem Widerstand) fällt dabei ein Druck (eine Spannung) ab. Der Widerstand ist je nach Größe in [Ohm] gekennzeichnet.
Merke: Am Widerstand fällt eine Spannung ab und er begrenzt den Stromfluss; seine charakteristische Größe ist Ohm. Die Verlustleistung (Wärme), die dabei entsteht, ist das Produkt aus Spannungsabfall und Strom.

Nun habt ihr es geschafft. ;) Das Wasser ist wieder auf der Saugseite der Pumpe, der Strom am Minuspol der Batterie angekommen.

In der Realität ist die Elektrik natürlich noch um einiges komplizierter -aber auch diese Details kann man mit den gleichen Modellen erklären und verstehen.
Wer die wesentlichen Grundbegriffe aus meiner Einführungslektion verstanden hat, hat schon einen großen Schritt zum Verständnis aller elektrischen Fragen getan.

Ich hoffe, ich konnte für die Nichtelektriker ein kleines bisschen Licht in die geheimnisvolle Dunkelkammer "Elektrik" bringen.
 
Mit dem Vergleich von Strom und Wasser habe sogar ich die Elektrizität vor ca. 100 Jahren Begriffen.

Sehr gute Arbeit Michael:applaus:

Ab in dieDatenbank!
 
Hallo Michael,

vielen Dank für deine einfachen und einleuchtenden Ausführungen!

Hast Du einen Tip für ein Buch, das ähnlich einfach/einleuchtend aufgebaut ist?

Es würde mir helfen eine große Wissenlücke zu füllen - strommäßig bin ich nämlich ein ziemlicher Analphabet!
 
Hallo Michael,
Herzlichen Dank dafür! Was Du gerade in 3 Minuten vollbracht hast, hat mein Physiklehrer damals in 5 Jahren nicht geschafft...:applaus:

Gruß aus Celle,

Oliver
 
Nur leider hört die Analogie beim Wechselstrom ganz schnell auf - und das ist dann leider auch die Stelle, wo's für Leute wie mich, die nur kapieren, was sie anfassen können, schwierig wird :D
 
Nur leider hört die Analogie beim Wechselstrom ganz schnell auf - und das ist dann leider auch die Stelle, wo's für Leute wie mich, die nur kapieren, was sie anfassen können, schwierig wird :D
Für Wechselstrom kommt im Wasserkreislauf halt noch Ebbe und Flut hinzu :D
 
Hi,
wir bekommen schon noch alle dazu, Spass mit dem Strom zu bekommen.

Hier die Analogie zur Diode (ein Teil der Diodenplatte).

Die Erklärungen von MM betrafen ja die Gleichspannung, hier geht es um die Wechselspannung. Da das Motorrad mit Gleichspannung arbeitet, die LiMa aber Wechselspannung liefert, muss das "Geradegezogen" werden.

Wo liegt viel Energie? Im Meer. Und wie hat Hofe so schön geschrieben: Ebbe und Flut. Wir stellen uns nun mal vor, dass wir dem Meer Wasser entziehen wollen und in der Stadt einen Bach benötigen, der das Wasser in immer die gleiche Richtung durch die Stadt treibt und somit Frischwasser bringt und das Dreckwasser mit nach draussen auf das Meer bringt. Bei Flut: Wunderbar, es kommt ins Land hinein. Bei Ebbe wird uns unser Wasser aber wieder rückwärts entzogen - ein nicht gewünschter Effekt. Also bauen die klugen Ingenieure eine Klappe, die bei Flut das Wasser hineinlässt, bei Ebbe aber am Rückfliessen hindert.
Nichts anderes macht eine Diode, Sie sperrt in eine Richtung, und in die andere lässt sie den Strom durch.
Diode-Wasser-Modell.jpg

Der nächste Teil folgt (die Bilder benötigen etwas Zeit für die Entstehung)

Hans
 
Zuletzt bearbeitet:
Diode: Der Erklärung zweiter Teil

Nun sind die Techniker auf die Idee gekommen, dass man auch die rückwärtsfliessenden Wassermassen nutzen will. Also wurde ein Konstrukt aus vier Klappen aufgebaut, die unabhängig, ob Flut ist (das Wasser von links nach rechts fliesst) oder Ebbe (das Wasser von rechts nach links fliesst) das Wasser immer an der oberen Seite herauskommt und über den unteren Teil zurückfliesst. Der Gleichrichter war geboren.

Das nächste Bild zeigt die Analogie eines Gleichrichters mit dem Wassermodell und den 4 Klappen.
Diode-Klappe-ruhe.jpg
Im Ruhemodus sind alle Klappen zu

Erster Fall Flut: Das Wasser kommt vom Meer (positive Halbwelle des Wechselstroms). Das Wasser kommt von links und drückt auf die Klappen K1 und K2, wobei K1 das Wasser durchlässt, K2 aber sperrt. Weiterhin fliesst der Strom über die obere Öffnung "in die Stadt", K4 sperrt. Über die untere Öffnung kommt der Stadt-Rückfluss und wird über Klappe 3 nach aussen ins Landesinnere abgeleitet.
Diode-Klappe-plus.jpg

Zweiter Fall Ebbe: Das Wasser kommt vom Land (negative Halbwelle des Wechselstroms). Das Wasser kommt von rechts und drückt auf die Klappen K4 und K3, wobei K4 das Wasser durchlässt, K3 aber sperrt. Weiterhin fliesst der Strom über die obere Öffnung "in die Stadt", K1 sperrt. Über die untere Öffnung kommt der Stadt-Rückfluss und wird über Klappe 2 nach aussen ins Meer abgeleitet.

Diode-Klappe-minus.jpg

Analog verhalten sich auch die Dioden in der Elektrik.

OK, Wir haben immer das Wasser in der gleichen Richtung, aber bedingt durch Sturm Druckschwankungen. Im nächsten Kapitel "regeln" wir die Wassermassen.

Hans
 
Zuletzt bearbeitet:
Drehstromgleichrichter: Diode dritter Teil

Um die Leistung zu verbessern und die Schwankungen zwischen Ebbe und Flut zu mildern (d.h. sobald die Umstellung von Flut nach Ebbe bzw. umgekehrt sich einstellt, "steht" das Wasser), sind die Jungs auf eine neue Idee gekommen. Da ja die Flut an unterschiedlichen Stellen zeitversetzt ankommt, wurden an drei verschiedenen Stellen die Klappenmechanismen installiert.

Step 1
  • am Punkt 1 ist Flut (Wasser vom Meer ins Landesinnere)
  • am Punkt 2 Übergang von Flut zu Ebbe (somit Stillstand)
  • am Punkt 3 Ebbe (Wasser vom Landesinnere ins Meer)

Step 2
  • am Punkt 1 Übergang von Flut zu Ebbe (somit Stillstand)
  • am Punkt 2 Ebbe (Wasser vom Landesinnere ins Meer)
  • am Punkt 3 Übergang von Ebbe zu Flut (somit Stillstand)

Step 3
  • am Punkt 1 Ebbe (Wasser vom Landesinnere ins Meer)
  • am Punkt 2 Übergang von Ebbe zu Flut (somit Stillstand)
  • am Punkt 3 ist Flut (Wasser vom Meer ins Landesinnere)

Step 4
  • am Punkt 1 Übergang von Ebbe zu Flut (somit Stillstand)
  • am Punkt 2 ist Flut (Wasser vom Meer ins Landesinnere)
  • am Punkt 3 Übergang von Flut zu Ebbe (somit Stillstand)

Somit ist immer an mind. einem der drei Entnahmestellen voller Druck zur Stadt.

Analogie in der Elektrik:
Es sind drei Spulem in der Lichtmaschine, die 120 Grad versetzt arbeiten und so zu unterschiedlichen Zeiten die maximale Spannung abgeben. Eine Spule entspricht somit einer Sinuswelle (obere Bildabschnitt), drei Spulen jeweils versetzt ergeben drei versetzte Sinuswellen.
Sinuswellen.jpg

Fazit.: Unsere Diodenplatte funktioniert im Prinzip wie drei parallele Gleichrichter, die aus den Wechselspannungen der drei Spulen eine Gleichspannung für das Bordnetz umwandelt.


Hans
 
Zuletzt bearbeitet:
schön gemacht. ich suche jetzt nur die diodenplatte. :&&&:

gruß
claus

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Dat kriejemer später...

Edit bemerkt eben, dass Hans schon in die Lücke gesprungen ist. Danke! )(-:
 
... und ich hab' immer gedacht, Elektrik funktioniert nicht mehr, wenn sie naß wird :D
 
Die Regelung im gleichgerichteten Stromstrang

Da unsere Lichtmaschine bedingt durch schwankende Drehzahlen schwankende Spannungen produziert, benötigen wir noch eine Spannungsregelung. In Analogie zu unserer Wasserversorgung: Es soll nur so viel Wasser in die Standt, wie benötigt wird.

Gedacht ist an eine automatische Regulierung, ohne manuell - also von Hand - nachgeregelt werden soll. Es wird vom Hauptzweig der städtischen Wasserrleitung ein Nebenzweig angeschlossen, der auf eine Klappe im Meerzugang drückt.
Wasserregelung_ruhe.jpg

Ein Verbraucher (hier eine Wassermühle) benötigt Energie: Das Wasser treibt die Mühle an, in der Hauptleitung fliesst das Wasser, der Druck ist gering. Auch in der Steuerleitung herrscht geringer Druck, dass Ventil bleibt geöffnet.
Wasserregelung_Nutzung.jpg

Kein Verbraucher aktiv: Das Wasser kann nicht abfliessen, der Druck vor dem Verbraucher steigt, ebenfalls der Druck in der Steuerleitung steigt und drückt auf das Ventil -> das Ventil schliesst.
Wasserregelung_keine-Nutzung.jpg

Natürlich gibt es mehrere Verbraucher, die parallel angeschlossen sind. Je weniger Verbraucher aktiv sind, um so mehr steigt der Druck und das Ventil wird mehr und mehr schliessen. Kommen neue Verbraucher hinzu, fällt der Druck, das Ventil wird weiter geöffnet, es fliesst mehr Wasser durch.

Wenn zu viele Verbraucher arbeiten, das Ventil komplett geöffnet ist, kommt es zu der Situation, dass der Wasserdruck nicht mehr ausreicht - oder am Moped Lampen schwächer werden bis hin zum Ausfall der Zündung.

Ein weitere Effekt der Regelung: Der Druck stegt, das Ventil macht mehr zu, der Druck fällt wieder ein Stück, das Ventil öffnet sich wieder etwas mehr, der Druck steigt .... die Regelung schwingt.

Hans
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

schön gemacht. :applaus:

bevor es hier zu weit in die Physik geht, eine einfache Erklärung:

Elektrizität ist,
wenn man morgens mit langer Leitung aufsteht,
mit Widerstand zur Arbeit geht,
den ganzen Tag unter Hochspannung steht
und gegen den Strom schwimmen muß,
bei jedem vergeblichen Versuch, Kontakt herzustellen,
nur immer geladener wird,
einen fast der Schlag trifft, wenn man an sein Gehalt denkt,
am Abend abgespannt nach hause kommt
und beim Versuch an die Dose zu fassen,
auch noch eine gewischt kriegt.

:&&&: :pfeif:

Gruß
Hans-Jürgen


 
Der letzte Teil: Energiepufferung

Um das Kapitel komplett zu machen, benötigen wir noch eine Pufferung der Energie, um auch in schlechten Zeiten genügend Wasser zu haben. Zu diesem Zweck wird ein Hochbehälter installiert, der genügend Reserve für schlechte (sprich wasserarme) Zeiten hat. Hierzu wird ein Behälter in den Kreislauf parallel hinzugesetzt, der in guten Zeiten Wasser aufnimmt und in schlechten wieder abgeben kann.

Speicher_ruhe.jpg

Erster Fall: Speicher laden, Verbraucher aus
Vor dem Verbraucher baut sich der Druck auf und entweicht in den Speicher, d.h. der Speicher wird gefüllt. In der Steuerleitung ist kaum Druck, das Ventil bleibt geöffnet

Speicher_aufladung-max.jpg

Zweiter Fall: Speicher laden, Verbraucher an
Vor dem Verbraucher baut sich kaum Druck, d.h. der Speicher kaum bis gar nicht gefüllt. In der Steuerleitung ist kaum Druck, das Ventil bleibt geöffnet.

Speicher_aufladung-min.jpg

Dritter Fall: Speicher voll, Verbraucher aus
Vor dem Verbraucher und dem Speicher baut sich der Druck auf und entweicht in die Steuerleitung, das Ventil schliesst sich.

Speicher_aufladung-voll.jpg

Vierter Fall: Speicher voll, Verbraucher an
Vor dem Verbraucher baut sich kaum Druck, d.h. der Speicher kaum bis gar nicht gefüllt. In der Steuerleitung ist kaum Druck, das Ventil bleibt geöffnet.

Speicher_aufladung-erhalten.jpg

Fünfter Fall: Kaum oder kein Druck vor dem ventil, Verbraucher an
Vor dem Verbraucher baut sich kaum Druck, es kommt kein Druck nach dem Ventil, d.h. der Speicher entleert sich. In der Steuerleitung ist kaum Druck, das Ventil bleibt geöffnet.

Speicher_aufladung-entleert.jpg

OK, ich hoffe, dass der Exkurs einen kleinen Einblick gebracht hat. Er bezieht sich auf den kleinen Teil in Michaels Beschreibung: Lichtmaschinen (die kleine blaue Pumpe) und die Batterie (Hochbehälter).

Hans
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Hans,
prima erklärt, aber das Perpetuum Mobile fehlt noch.

Mit Wasser funktioniert es: siehe Bild.

Aber mit Strom?...oder ist das die hydraulische Umsetzung des Supraleiters. :lautlachen1:
 
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