Hinterachsgetriebe undicht?

Detlev

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Es kommt ja bisweilen vor: Die schönen Alufelgen der Motorräder sind mit schwarzen Ölstreifen gekennzeichnet.
Meistens ist dann der Wellendichtring an der Mitnehmerverzahnung undicht. Bei den glatten Endantriebsgehäusen schmoddert das dann unten, direkt neben der Ölablassschraube aus der kleinen unscheinbaren Ablaufbohrung.
Zumeist wird dann erstmal die Ablassschraube neu gedichtet, aber daran lag es dann doch nicht.
Bei den späteren, gerippten HAG-Gehäusen gibt es diese Ablaufbohrung nicht, hier sabbert das Öl einfach unter der Bremse durch.

Hier habe ich mal zusammengefasst, wie so ein HAG abgedichtet wird.

An Teilen benötigen wir den Wellendichtring und die Gehäusepapierdichtung, an Werkzeug nen 13er Schlüssel (kleine Stecknuss), zwei M5x25 Schrauben als Abdrückwerkzeug plus den dazu benötigten Inbus- oder Sechskantschlüssel, sowie einen Gummihammer und einen Heißluftföhn oder eine weiche Gasflamme.

Zunächst werden die auf der Radseite umlaufend eingesetzten 8 Stück M8 Schrauben entfernt. Das geht übrigens auch alles am Motorrad im eigebauten Zustand, dann muss man das HAG-Gehäuse nicht festhalten!

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Dann werden die beiden M5 Schrauben in die Abdrückbohrungen eingeschraubt.

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Mit dem Heißluftgerät oder einer weichen Gasflamme wird nun der Gehäusedeckel auf etwa 100 Grad erwärmt, damit das Hauptlager aus dem Deckel flutscht.

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Jetzt die M5 Abdrückschrauben beidseitig gleichmäßig einschrauben und das Gehäuse öffnet sich.

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Wir können nun gleich die Kegelradverzahnung überprüfen, es sind keine Ausbrüche oder Pitting erkennbar.

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Auch das Tellerrad ist makellos.

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Das große Hauptlager auf der anderen Seite des Tellerrades darf kein Spiel haben und muss sich geräuschlos durchdrehen lassen.

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Das Gehäuse zeigt sich innen blitzblank sauber, kein Abrieb an den Wandungen, sehr schön.

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Hier ist das Ölleitblech wieder eingesetzt, es liegt nur lose im Gehäuse und kann zur Kontrolle einfach rausgenommen werden.

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Diese Ausgleichsscheibe bei der Montage nicht vergessen, hiermit wurde im Werk oder bei einer früheren Instandsetzung das Telleradspiel zum Kegelrad hin eingestellt. Daran müssen wir bei einer Neuabdichtung nichts verändern. Mit etwas Öl benetzt haftet die Scheibe an ihrem Platz und fällt bei der Montage nicht ab.

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Zwischendurch habe ich den großen Wellendichtring im Gehäusedeckel und die Papierdichtungsreste entfernt.
Der neue Wedi wird jetzt eingesetzt.

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Mit gut dosierten Gummihammerschlägen auf den als Eintreibwerkzeug zweckentfremdeten alten Wedi wird der neue Wedi an seinen Platz gebracht.

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Hier habe ich das Tellerrad mal ins Gehäuse gesetzt um die Mitnehmerverzahnung besser abkleben zu können.
Ich verwende dazu Elektrikerisolierband. Das verhindert, dass beim einsetzen der Mitnehmerverzahnung durch den Wellendichtring die Dichtlippe beschädigt wird.

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Jetzt kommen die großen Ausgleichsscheiben, die zwischen dem Hauptlager und dem Geräusedeckel liegen an ihren Platz. Sie sollten auch etwas eingeölt werden um dort besser zu kleben. Diese Ausgleichsscheiben (manchmal ist auch nur eine verbaut) dienen der Distanzierungseinstellung des Tellerrades zum Gehäusedeckel, auch hier braucht nichts verändert zu werden, solange der alte Teller- und Kegelradsatz wieder zum Einsatz kommt.

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Fertig zum einsetzen des Tellerrades.

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Nun kommt das Tellerad vorsichtig an deinen Platz. Dazu habe ich unter den Gehäusedeckel 3 Holzklötzchen gelegt.

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Jetzt kommt wieder der Föhn oder die Gasflamme zum Einsatz, der Deckel muss erwärmt werden, damit das große Hauptlager zusammen mit dem Tellerad an seinen Platz rutscht.

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Hier sieht man noch den Spalt des auf dem Gehäuserand sitzenden Lagers.

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Und hier ist das Lager an seinen angestammten Platz gerutscht. Der Spalt ist weg.

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Nach Abkühlung des Deckels kann dieser zusammen mit dem Tellerad ins Gehäuse eingesetzt werden die Papierdichtung nicht vergessen.
Anschließend die Deckelschrauben anziehen.

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Das Isolierband kann jetzt abgezogen werden und das Werk ist vollbracht.
Der Antrieb kann nun wieder angebaut werden, bzw. wenn das ganze am Fahrzeug gemacht wurde, was problemlos geht, müssen nur noch Bremse und Hinterrad montiert werden. Öl einfüllen nicht vergessen!

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Falls das Motorrad nicht mit einer Scheibenbremse ausgestattet ist, sollten auch noch die beiden O-Ringe auf der Bremsnockenwelle (Bremsschlüssel) erneuert werden.

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Für die glatten Hinterachsgetriebe gilt das, bis auf das Ölleitblech im inneren und die O-Ringe auf der Bremsnockenwelle, ist beides nicht vorhanden, genauso.
Bei den Monolever- und Paralever-HAGs sieht es nicht viel anders aus, hier entfällt der Schutz der Mitnehmerverzahnung, weil nicht vorhanden.
 
fein gemacht Detlev, vielen Dank !
ist doch immer schöne wenn man weiß wo man nachsehen kann und sich informieren
 
Original von detlev
Diese Ausgleichsscheibe bei der Montage nicht vergessen, hiermit wurde im Werk oder bei einer früheren Instandsetzung das Telleradspiel zum Kegelrad hin eingestellt. Daran müssen wir bei einer Neuabdichtung nichts verändern.

Habe ich doch schon sinngemäß erwähnt, will ja die Selbstschrauber nicht erschrecken! :sabbel:
 
Servus Detlev,
einfach Klasse, die Beschreibung.
Noch eine Frage zur Mitnehmerverzahnung: Der gezeigte Abnützungsgrad - wie ist der zu bewerten?
Kommt da demnächst etwas auf dich zu oder ist der noch problemlos?
 
Der Abnutzungsgrad ist völlig unbedenklich.
Erst wenn die Zähne nur noch die Hälfte der oberen Breite haben würde ich aktiv werden.

Ein Austausch der Mitnehmerverzahnung liegt in etwa bei 150€. Dann muss aber neu ausdistanziert werden.

Dieser Antrieb hat 80.000km gelaufen, offenbar immer gut geschmiert.
Bei guter Schmierung der Verzahnung, empfohlen wird Kupferpaste, ich vermute mal dass Staburags noch effektiver ist, dürften da noch zweimal so viele Kilometer hinzu kommen, bevor da Handlungsbedarf ist.
 
Hallo detlev,
ist das Wechseln des Simmerings auch ohne zerlegen des Hinterradantriebes (verripptes) möglich?
Ich dachte so wei beim Sinneringwechsel des Schwungrades.

Gruß Heli
 
Original von Heli_5200
Hallo detlev,
ist das Wechseln des Simmerings auch ohne zerlegen des Hinterradantriebes (verripptes) möglich?
Ich dachte so wei beim Sinneringwechsel des Schwungrades.

Gruß Heli
Gute Frage, Heli.
Werde ich beim nächsten Mal probieren.
Der Wedi sitzt sehr fest im Gehäuse, ob er sich von außen entfernen lässt?
Den neuen dann mit einem passenden Rohr einzutreiben müsste möglich sein.
 
Hallo,

schön gemacht von Detlev. Leider beschreibt die Arbeit nur das Wechseln vom großen Dichtring. Bei den Modellen mit der Steckachse gibt es noch einen kleinen Dichtring der nicht so einfach zu wechseln ist. Dazu muß aus dem heißen Gehäuse die Buchse mit entfernt werden. Erst dann kommt man vernünftig an diesen Simmerring.
Bei den alten glatten HAG ist zwischen Durchführung der Bremswelle und dem Gehäuse nur einen Dichtflächen von 1mm vorhanden. Hier empfiehlt sich als zusätzliche Abdichtung Motorsilikon zu nehmen wenn Ruhe sein soll. Ein zusätzlicher dritter Rundschurring auf der Innenseite der Bremswelle ist auch von Vorteil um bei ausgeschlagener Führung alles Dicht zu bekommen.

Gruß
Walter
 
Original von Euklid55
... nur das Wechseln vom großen Dichtring. Bei den Modellen mit der Steckachse gibt es noch einen kleinen Dichtring der nicht so einfach zu wechseln ist. Dazu muß aus dem heißen Gehäuse die Buchse mit entfernt werden. Erst dann kommt man vernünftig an diesen Simmerring.

Richtig, Walter, nur habe ich diesen Wedi noch nicht undicht erlebt. Der dürfte wohl nur bei einer Komplettrevision fällig sein.
Der große Wedi zur Bremstrommel hin ist da öfter der Übeltäter!
 
Ich bin gerade über diesen Beitrag gestolpert. Ich habe bei meiner Bremse beide O-Ringe auf der Bremsnockenwelle erneuert. Trotzdem läuft genau an der Stelle Öl aus dem Hinterachsgetriebe in die Bremse. Hat Jemand eine Idee was ich noch machen könnte?
 
Hallo Rasehase. Habe deinen Beitrag erst jetzt gesehen, aber vielleicht hilfts ja noch...
Das Problem hatte ich einige Jahre. Ich dachte, ich bin zu blöd die O-Ringe ohne Beschädiguing dieser zu tauschen. Bin dann aber mal bei einer Werkstatt gelandet, die auch bei alten Kühen Rat weiß und sogar die richtigen Teile verkauft.
http://www.klaus-mayer-bmw.de

Hier wurde mir mitgeteilt, dass es für das beschriebene Problem ein Lösung durch Einkleben eines Rohrs gibt (offiziell von BMW). Das habe ich dann machen lassen und seit dem Ruhe.
Habe sogar die alte Rechnung von 2003 gefunden :respekt: und da steht die Teilenummer: 33112301760

Gruß Jörg
 
Zuletzt bearbeitet:
R80 G/S: Bramsschlüssel / Bremsnockenwelle undicht

Kann das Problem bei der R80G/S auch die 1mm Dichtfläche der Papierdichtung sein?

Kann man das Reparaturrohr selbst einsetzen? Muss hierzu gebohrt, aufgerieben und geklebt werden?
 
"Man" kann bestimmt. Ich habe es jedenfalls machen lassen und der Arbeitsgang auf der Rechnung lautet "Rohr einkleben". Als Arbeitszeit wurden 15 AW inkl. Reinigen der Trommel angegeben. Also nicht eben ein Klacks.

Ein Papierdichtung wurde bei mir nicht gewechselt.

Gruß Jörg
 
Hi,
bei mir war seinerzeit diese Buchse völlig verkratzt. Daher lief das Öl am O-Ring vorbei. Ich habe das Teil seinerzeit mit Hilfe einer M12-Gewindestange und einem Stück 15er Kupferrohr herausgedrückt. Die neue Buchse kostet beim Freundlichen 2,10. Dann das Gehäuse erwärmen, die neue Buchse aus dem Gefrierschrank hineindrücken und fertig. Seit dem ist bei mir alles dicht.
 
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Hallo,
ich muß nochmal was zum HAG nachfragen.
Um den kleinen Simmerring(2) zu wechseln muß ich also die Hülse(1) aus dem Gehäuse entfernen?
Ich nehme an dieses sollte zuvor mit einer Heißluftpistole gut erwärmt werden.
 

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Hallo,
das HAG meiner 60/5 macht mich fertsch:schimpf:
Deswegen eine weitere Nachfrage von mir.
Wie kann ich den kleinen Simmerring (siehe roter Pfeil) im HAG wechseln?

Funktioniert das wirklich nur wenn das Nadellager entfernt wurde?
Ich war heut richtig entsetzt als ich das HAG von außen mit der Heißluftpistole heiß gemacht hatte um dann dezent von innen mit den Plastikhammer auf die Buchse zu schlagen.
Da viel nur die leicht festgerostete Unterlegscheibe außen herunter und ich dachte das ist sowas wie ein angedrehter BundX(

Gesetz dem Fall das Nadellager muß raus, das funktioniert doch nur bei demontierten HAG was verkehrt herum auf der Werkbank liegt und dann solange mit der HLP bearbeitet wird bis das Lager herausfällt oder gibt es da ein Spezialwerkzeug zum herausziehen?

Wo würde denn das Öl bei defekten hinteren Simmerring hinlaufen?
Sammelt sich das im inneren der Mitnehmerverzahnung?
Denn bei mir war die Achse leicht ölig, ebenso das innere der Mitnehmerverzahnung.
Der große äußere (oder innere, je nach Sichtweise) Dichtring hingegen war trocken, sollte diese undicht sein soll sich das auslaufende Öl in der "Auffangtasche" sammeln und durch die Bohrung neben der Ablassschraube austreten, wenn ich das Prinzip so richtig verstanden habe.

Bitte helft mir mal mit meinen Anliegen zum kleinen HAG Simmerring?(
 

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Hallo, wenn du den Dichtring wechseln willst:

wie du schon vermutet hast,mit der Heissluftpistole von aussen den Bereich
um die Bohrung gut anwärmen,mit einem passend gedrehten Dorn,der mit einem Bund versehen ist,so dass er auch leicht durch die Rohraufnahme geht
das Rohrstück zur Deckelseite rausklopfen.
Das Nadellager geht eigentlich leicht raus.
Vor der Rohrdemontage das Gehäuse anwärmen,das ganze umgedreht auf ein Holzstück leicht aufklopfen,es fällt dann schon raus.
Den Simmerring selber musst du mit einer Art Innenauszieher rausholen.
Beim Einbau des Simmerringes mit einem Einschlagstempel einbauen.
Das Rohrstück wieder in das angewärmte Gehäuse und etwas Dichtmittel
einklopfen.
Nadellagereinbau: Auf die richtige Anlaufseite des Druckringes achten.
Wenn alles in die alte Position kommt,musst du vermutlich nicht mal das
Zahnflankenspiel korriegieren,es sei denn dass die Deckeldichtung eine
andere Dicke hat.
Bastler.
 
@Bastler
danke für die Antwort, so eine Arbeit ist ja ein mittlerer Gau:schock:

Da ich dann schonmal soweit bin, wie bekomme ich die Mutter der Kardanverzahnung gelöst um den dahinter sitzenden Simmerring zu wechseln?
Natürlich nachdem das Sicherungsblech aufgebogen ist:rolleyes:
Gibt es da einen speziellen Gegenhalter?
 
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