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Kurventechnik für (Wieder-) Einsteiger

Fritz

Sehr aktiv
Seit
22. Juni 2007
Beiträge
3.642
Hallo,

die 2 V-Gemeinde wächst, und es hat inzwischen doch etliche, die neu auf die Kuh gekommen sind oder nach vielen Jahren wieder anfangen.

Vielleicht ist es da für manche nützlich, wenn ich nach 40 J. im Sattel etwas aus dem Nähkästchen plaudere (habe ja auch genug Mist veranstaltet; "learning by doing" :pfeif: ).

Um die Sache einzugrenzen: Es geht mir hier um "richtiges" Kurvenfahren im wirklichen Leben, nicht um Renntechnik oder Raserei. Auch der gemütlichste Tourenfahrer kann urplötzlich in Extremsituationen kommen und rettet seine Knochen dann nur, wenn er die Maschine beherrscht und nicht umgekehrt.

Also, stellen wir uns mal vor, in einer schönen Kurve liegt plötzlich Rollsplitt oder Öl. Was ist der sicherste Weg, sich dort auf die Nase zu legen? Ich empfehle:

1. Die Sauerei auf der Straße mit festem Blick fixieren
2. Den Gasgriff zuschnappen lassen
3. Kräftig bremsen
4. In Schreckstarre den Lenker ganz stramm festhalten
5. Größere Schräglage vermeiden !

Warum ist das alles grottenfalsch?

1. Wo man hinschaut, dort fährt man automatisch hin! Der Blick geht immer ein ganzes Stück weit voraus und klebt nicht vor der Maschine. Zweckmäßig sucht man sich im Kurvenverlauf Ansteuerungspunkte (Leitpfosten, Baum etc.) und, sobald man diesen näherkommt, den nächsten weiter vorn.
So wird ein Hindernis frühzeitig erkannt und vor allem ein möglicher Fluchtweg!

2. Gas zu bremst das Hinterrad ab. Das hat haftungsmäßig in der Kurve aber schon genug mit den Seitenkräften zu tun. Wenn es dazu noch rutschig wird und Bremskräfte dazukommen: Abflug!
Außerdem ändert das Rückdrehmoment des abtourenden Boxermotors die Schräglage (kippt die Maschine zur anderen Seite als Gasgeben im Stand).

3. Bremsen, Vorder- und oder Hinterrad: Siehe Nr. 2. Wenn Gas zu nicht reicht, um die Haftgrenze zu überschreiten, mit zusätzlichem Bremsen klappt´s bestimmt! Dazu richtet das die Maschine auf, in einer Rechtskurve probates Mittel, um im Gegenverkehr zu landen.

4. Das Motorrad ist als selbststabilisierendes System konstruiert und "weiß" in der Regel sehr viel besser und schneller als der Fahrer, wie es wieder auf stabilen Kurs kommt. Die Schreckstarre ist ein völlig falscher Reflex, den jeder hat und der ganz bewußt abtrainiert werden muß.
Übrigens läßt sich die Fahrtrichtung am schnellsten durch Drücken bzw. Stoßen von h i n t e n gegen den Lenker ändern. Wohl lange nicht jedem bekannt, aber unverzichtbar für schnelle Richtungswechsel bzw. Ausweichmanöver! Unbedingt probieren und antrainieren (leicht zu merken: Linkskurve durch Druck links hinten, Rechtskurve rechts hinten).

5. Wer nie die mögliche Schräglage seines Motorrades "erfahren" hat, weiß sie im Notfall (plötzliches Hindernis, sich zuziehende Kurve) erst recht nicht zu nutzen und kracht sonstwo rein.

Die besonderen Eigenheiten der Boxer-Kuh lassen Obiges noch wichtiger als bei anderen Maschinen werden. Eine unruhige Gashand in der Kurve bringt auch Unruhe ins Fahrwerk wegen der dadurch ausgelösten Kippmomente, s.o. Bei "Gas zu" sackt die Kuh in die Federn und verliert deutlich an Schräglagenfreiheit.

Also, Fazit: Schalten, Bremsen, Gaseinstellung sollte v o r der Kurve abgeschlossen sein. Durch die Kurve unter ständigem Zug fahren (hebt die Kuh aus den Federn); ab Scheitelpunkt ist angemessenes Gasaufziehen "erlaubt". Lenker stets locker lassen. Bei plötzlichen Hindernissen dieses nicht fixieren, sondern Blick auf den Fluchtweg und blitzschnelle Korrektur durch Stoß von hinten gegen den Lenker.
A und O bei der ganzen Sache ist die richtige Blickführung, s.o.

Was hier so komprimiert steht, ist ein Übungsprogramm für Monate oder länger! Üben geht nicht nur beim Fahren, sondern auch mental (im Koppe).

Viele unfallfreie Kilometer wünscht Fritz. :wink1:
 
Original von Fritz
Hallo,

die 2 V-Gemeinde wächst, und es hat inzwischen doch etliche, die neu auf die Kuh gekommen sind oder nach vielen Jahren wieder anfangen.

Vielleicht ist es da für manche nützlich, wenn ich nach 40 J. im Sattel etwas aus dem Nähkästchen plaudere (habe ja auch genug Mist veranstaltet; "learning by doing" :pfeif: ).

Um die Sache einzugrenzen: Es geht mir hier um "richtiges" Kurvenfahren im wirklichen Leben, nicht um Renntechnik oder Raserei. Auch der gemütlichste Tourenfahrer kann urplötzlich in Extremsituationen kommen und rettet seine Knochen dann nur, wenn er die Maschine beherrscht und nicht umgekehrt.

Also, stellen wir uns mal vor, in einer schönen Kurve liegt plötzlich Rollsplitt oder Öl. Was ist der sicherste Weg, sich dort auf die Nase zu legen? Ich empfehle:

1. Die Sauerei auf der Straße mit festem Blick fixieren
2. Den Gasgriff zuschnappen lassen
3. Kräftig bremsen
4. In Schreckstarre den Lenker ganz stramm festhalten
5. Größere Schräglage vermeiden !

Warum ist das alles grottenfalsch?

1. Wo man hinschaut, dort fährt man automatisch hin! Der Blick geht immer ein ganzes Stück weit voraus und klebt nicht vor der Maschine. Zweckmäßig sucht man sich im Kurvenverlauf Ansteuerungspunkte (Leitpfosten, Baum etc.) und, sobald man diesen näherkommt, den nächsten weiter vorn.
So wird ein Hindernis frühzeitig erkannt und vor allem ein möglicher Fluchtweg!

2. Gas zu bremst das Hinterrad ab. Das hat haftungsmäßig in der Kurve aber schon genug mit den Seitenkräften zu tun. Wenn es dazu noch rutschig wird und Bremskräfte dazukommen: Abflug!
Außerdem ändert das Rückdrehmoment des abtourenden Boxermotors die Schräglage (kippt die Maschine zur anderen Seite als Gasgeben im Stand).

3. Bremsen, Vorder- und oder Hinterrad: Siehe Nr. 2. Wenn Gas zu nicht reicht, um die Haftgrenze zu überschreiten, mit zusätzlichem Bremsen klappt´s bestimmt! Dazu richtet das die Maschine auf, in einer Rechtskurve probates Mittel, um im Gegenverkehr zu landen.

4. Das Motorrad ist als selbststabilisierendes System konstruiert und "weiß" in der Regel sehr viel besser und schneller als der Fahrer, wie es wieder auf stabilen Kurs kommt. Die Schreckstarre ist ein völlig falscher Reflex, den jeder hat und der ganz bewußt abtrainiert werden muß.
Übrigens läßt sich die Fahrtrichtung am schnellsten durch Drücken bzw. Stoßen von h i n t e n gegen den Lenker ändern. Wohl lange nicht jedem bekannt, aber unverzichtbar für schnelle Richtungswechsel bzw. Ausweichmanöver! Unbedingt probieren und antrainieren (leicht zu merken: Linkskurve durch Druck links hinten, Rechtskurve rechts hinten).

5. Wer nie die mögliche Schräglage seines Motorrades "erfahren" hat, weiß sie im Notfall (plötzliches Hindernis, sich zuziehende Kurve) erst recht nicht zu nutzen und kracht sonstwo rein.

Die besonderen Eigenheiten der Boxer-Kuh lassen Obiges noch wichtiger als bei anderen Maschinen werden. Eine unruhige Gashand in der Kurve bringt auch Unruhe ins Fahrwerk wegen der dadurch ausgelösten Kippmomente, s.o. Bei "Gas zu" sackt die Kuh in die Federn und verliert deutlich an Schräglagenfreiheit.

Also, Fazit: Schalten, Bremsen, Gaseinstellung sollte v o r der Kurve abgeschlossen sein. Durch die Kurve unter ständigem Zug fahren (hebt die Kuh aus den Federn); ab Scheitelpunkt ist angemessenes A%! A%! A%! A%! Gasaufziehen "erlaubt". Lenker stets locker lassen. Bei plötzlichen Hindernissen dieses nicht fixieren, sondern Blick auf den Fluchtweg und blitzschnelle Korrektur durch Stoß von hinten gegen den Lenker.
A und O bei der ganzen Sache ist die richtige Blickführung, s.o.

Was hier so komprimiert steht, ist ein Übungsprogramm für Monate oder länger! Üben geht nicht nur beim Fahren, sondern auch mental (im Koppe).

Viele unfallfreie Kilometer wünscht Fritz. :wink1:

Ich kann Dir nur zustimmen. :D
 
Hallo Fritz

Gut geschrieben und ziemlich genau den Nagel auf den Kopf getroffen. :fuenfe:

Besonders das Drücken oder ziehen am Lenker ist wichtig und in der heutigen Zeit leider manchmal unerlässlich. Man kann es auch einfach an einer Fahrradfelge simulieren. Einfach eine Felge nehmen und an der Achse Verlängerungen anschrauben. Das Rad rotieren lassen und über die Verlängerung einen Lenkimpuls geben. Das Rad kippt sofort zur Seite und ist mit einer Hand nicht zu halten.

Blickführung ist besonders wichtig wenn man eine saubere und sichere Linie fahren will. Besonders wichtig ist auch wenn ein Hindernis auftaucht nicht auf das Hindernis zu starren und bremsen. Den dann hat man schon verloren. X( Musste ich vor Jahren leider selber schon erfahren. Jetzt ist es für mich kein Problem mehr so eine Situation zu meister vor 20 Jahren hat es mir 4 Wochen Krankenhaus eingebracht. A%!

Von Zeit zu Zeit ein Sicherheitstraining oder ein Training für Kurventechnik ist nicht zu verachten und Spaß macht es meistens auch. :yeah:
 
Danke Fritz. Aber das hättest Du mir vor 40 Jahren sagen sollen, dann würde mein erstes Mopped noch leben :lautlachen1:
 
:entsetzten:TAch auch,
kann Fritz aus jahrelanger Erfahrung nur zustimmen. neben der eigentlichen Technik ist das mentale Training (das ist das im Koppe) überaus empfehlenswert. Allein die Beschäftigung mit dem Theme, was mache ich wenn, worauf muss ich achten (Jahreszeit, Ernte etc) hat mir schon in vielen Situationen geholfen.
Wenn es so weit ist, beleibt keine Zeit zum überlegen, dann muss reagiert werden, und zwar richtig, sonst... :entsetzten:
und eigentlich wollen wir doch alle genau dies vermeiden. Ein wenig theoretische Beschäftigung mit der Materie kann da durchaus sehr hilfreich sein.


Viele GRüße, RADI
 
Servus,
toll geschrieben Fritz! )(-:
Das kann man sich nur er-fahren!

Zitat: " Stoßen von h i n t e n gegen den Lenker ändern. Wohl lange nicht jedem bekannt, aber unverzichtbar für schnelle Richtungswechsel bzw. Ausweichmanöver! Unbedingt probieren und antrainieren (leicht zu merken: Linkskurve durch Druck links hinten, Rechtskurve rechts hinten)."

Würde hier empfehlen, sich ne sehr wenig befahrene Strasse aussuchen und jedem "feindlichen" Kanaldeckel durch Stossen auszuweichen. Ist am Anfang a bisserl komisch ;;-)
Viel Spass dabei und uns Allen eine schöne Saison!
 
Original von MUC
Danke Fritz. Aber das hättest Du mir vor 40 Jahren sagen sollen, dann würde mein erstes Mopped noch leben :lautlachen1:

Das tut mir aber leid ...
Hättse mal was gesagt! :D

Karl: Guter Vorschlag! Außerdem fahre ich trainingshalber schon mal bewußt über solche vorstehenden Kanten, langgezogene Kantenabbrüche und Teerstreifen, um leichtes Weggehen der Maschine zu provozieren und den Schreckreflex unter Kontrolle zu behalten.

Grüßle, Fritz. )(-:
 
Servus :D
Zitat: "Außerdem fahre ich trainingshalber schon mal bewußt über solche vorstehenden Kanten, langgezogene Kantenabbrüche und Teerstreifen, um leichtes Weggehen der Maschine zu provozieren und den Schreckreflex unter Kontrolle zu behalten."

Demnächst wie Joey Dunlop? Nachts die TT-Strecke ohne Licht fahren, um sie besser kennenzulernen?
;;-) :D
 
Klasse Fritz,

würdest du mir erlauben das Geschriebene in meine boxerkunst.de zu stellen?
 
Original von Karl
Servus :D
Zitat: "Außerdem fahre ich trainingshalber schon mal bewußt über solche vorstehenden Kanten, langgezogene Kantenabbrüche und Teerstreifen, um leichtes Weggehen der Maschine zu provozieren und den Schreckreflex unter Kontrolle zu behalten."

Demnächst wie Joey Dunlop? Nachts die TT-Strecke ohne Licht fahren, um sie besser kennenzulernen?
;;-) :D

Ohne Licht? In unserem Alter wohl eher ohne Haare und Zähne ... :sabbel:
 
Original von boxerkunst
Klasse Fritz,

würdest du mir erlauben das Geschriebene in meine boxerkunst.de zu stellen?

Guten Morgen Thomas,

gerne doch! Wenn es auch nur einem Kuhtreiber ein paar Quadratzentimeter Haut rettet, hat mein Geschreibsel seinen Zweck erfüllt.
 
Moin Moin,

hab mal bei nem Sicherheitstraining bewußt nen Holzbrett in Schräglage überfahren. Ging problemlos wenn man sich erstmal die Panik aus dem Hirn gestrichen hat. Seitdem wird auch nicht mehr in jeder Kurve allem ausgewichen, nur noch wenn ich mir über die restliche Verkehrslage bewußt bin, ansonsten freut man sich über das Ausweichen und hat den entgegenkommenden Laster übersehen der die Kurve schneidet....

Gruß

Jogi

PS. son paar Übungen abseits der Straße (Parkplätze etc.) sind schon ganz hilfreich.
 
Original von Peter S
Hallo Fritz

Gut geschrieben und ziemlich genau den Nagel auf den Kopf getroffen. :fuenfe:

Besonders das Drücken oder ziehen am Lenker ist wichtig und in der heutigen Zeit leider manchmal unerlässlich. Man kann es auch einfach an einer Fahrradfelge simulieren. Einfach eine Felge nehmen und an der Achse Verlängerungen anschrauben. Das Rad rotieren lassen und über die Verlängerung einen Lenkimpuls geben. Das Rad kippt sofort zur Seite und ist mit einer Hand nicht zu halten.

Blickführung ist besonders wichtig wenn man eine saubere und sichere Linie fahren will. Besonders wichtig ist auch wenn ein Hindernis auftaucht nicht auf das Hindernis zu starren und bremsen. Den dann hat man schon verloren. X( Musste ich vor Jahren leider selber schon erfahren. Jetzt ist es für mich kein Problem mehr so eine Situation zu meister vor 20 Jahren hat es mir 4 Wochen Krankenhaus eingebracht. A%!

Von Zeit zu Zeit ein Sicherheitstraining oder ein Training für Kurventechnik ist nicht zu verachten und Spaß macht es meistens auch. :yeah:


"oder ziehen" würde ich weglassen
 
Original von Fritz
Warum ist das alles grottenfalsch?

1. Wo man hinschaut, dort fährt man automatisch hin! .... Zweckmäßig sucht man sich im Kurvenverlauf Ansteuerungspunkte (Leitpfosten, Baum etc.)

Na, Fritz -- da such ich mir doch lieber einen Punkt zwischen den Bäumen :lautlach:
 
Hallo Fritz,

gut geschrieben nur habe ich eine kleine Ergänzung. Früher bin ich vor der Kurve auf die gegenüberliegende Seite gefahren und von dort in die Kurve hinein. Das vergrößerte den Kurvenradius und die Sicht hinter die Kurve war besser. Heute achte ich penibel darauf nicht über die Mittellinie zu fahren. Man weiß nie was einem so entgegen kommt und die Autos sind heute schneller.

Gruß
Walter
 
Original von Hansix
Original von Fritz
Warum ist das alles grottenfalsch?

1. Wo man hinschaut, dort fährt man automatisch hin! .... Zweckmäßig sucht man sich im Kurvenverlauf Ansteuerungspunkte (Leitpfosten, Baum etc.)

Na, Fritz -- da such ich mir doch lieber einen Punkt zwischen den Bäumen :lautlach:

Wenn mich einer so böswillig mistversteht - dann werde ich d e n als Ansteuerungspunkt hernehmen! :D

Walter: Klar, solche Sachen und auch z.B. Kurvenschneiden sollte man heutzutage tunlichst lassen.
 
Ich fand das sehr informativ, Fritz. Vielen Dank für deine Mühe. Gerade mir als Wiedereinsteiger - vor 20 Jahren ein Chopper - da ist die Kurventechnik ab Werk ja schon begrenzt, hat das sehr geholfen. Ich hab mich heute auf der Fahrt zur Arbeit dabei erwischt, wie ich Kanaldeckeln ausgewichen bin.....


Gruss Marc
 
Super Beitrag Fritz !

ZITAT:
Wohl lange nicht jedem bekannt, aber unverzichtbar für schnelle Richtungswechsel bzw. Ausweichmanöver! Unbedingt probieren und antrainieren (leicht zu merken: Linkskurve durch Druck links hinten, Rechtskurve rechts hinten).

Wirklich den wenigsten bekann, und wenn man es erwähnt, versteht es keiner. Stell doch das warum einfach mit Deiner leicht verständlichen Erklärungsweise dar.
BOT
 
Original von BOT
ZITAT:
Wohl lange nicht jedem bekannt, aber unverzichtbar für schnelle Richtungswechsel bzw. Ausweichmanöver! Unbedingt probieren und antrainieren (leicht zu merken: Linkskurve durch Druck links hinten, Rechtskurve rechts hinten).

Wirklich den wenigsten bekann, und wenn man es erwähnt, versteht es keiner. Stell doch das warum einfach mit Deiner leicht verständlichen Erklärungsweise dar.
BOT

Gut, ich versuche es mal; hoffentlich verwirrt das nicht eher.

Ein fahrendes Zweirad -egal, ob mit oder ohne Motor- fällt deshalb nicht um, weil die Kreiselkräfte der Räder es aufrecht halten (ab einer Mindestgeschwindigkeit). Die rotierenden Räder möchten, wie jede bewegte Masse, in ihrem Zustand verharren (Trägheit).

Mit was für Kräften man da zu tun hat, zeigt schon der oben von Peter erwähnte Versuch mit einem Fahrrad-Rad. Das rotierende Rad, links und rechts an den Achsenden gepackt, widersetzt sich heftig jedem Versuch, seine Lage im Raum zu verändern. Ganz unmöglich ist es, durch einen Linksruck das Rad nach links zu neigen. Es schlägt sofort kräftig nach rechts!

Dieser Effekt macht am Anfang das Fahrradfahren so schwierig. Man denkt: Linkslenken = Linkskurve und fällt nach rechts um. Tatsächlich wird aber jede Linkskurve durch ein minimales Rechtslenken eingeleitet! Das Fahrrad reagiert auf diesen Störimpuls, indem es sofort nach links in die gewünschte Kurve fällt.

Kann man wieder am ausgebauten Vorderrad ausprobieren: Bewußten Störimpuls nach rechts geben - Rad reagiert prompt mit Linksneigung. Sobald man im Hirn die Sperre gegen dieses scheinbar paradoxe Verhalten überwunden hat, kann man Radfahren. Die wenigsten Leute machen sich das aber bewußt; meist platzt irgendwann der "Knoten", ohne daß sie die physikalischen Hintergründe verstanden haben.

In umgekehrter (bedauernswerter) Lage ist ein langjähriger Solofahrer, der zum ersten Mal auf ein Gespann steigt. Er muß sein Hirn wieder in den jungfräulichen Zustand eines Nicht-Radfahrers zurückpolen. Beim Gespann m u ß er nämlich sofort links lenken, wenn er nach links will. Eine Schräglage ist mit festem Beiwagen nicht möglich (jedenfalls nicht in einem Maß, das hier eine Rolle spielen würde). Das Vorderrad hat einen Freiheitsgrad weniger und muß direkt mit Kraft in die gewünschte Richtung gezwungen werden. Dagegen sträuben sich aber alle eintrainierten Solofahrer-Reflexe, und so kann er sich wie ein Indianer links neben die Maschine hängen und fährt trotzdem rechts in den nächsten Gartenzaun. Habe ich selbst so erlebt, als Passagier im eigenen Beiwagen sitzend ;( !

Zurück zum eigentlichen Thema. Das Lenken der Solo-Maschine läuft also unbewußt ab, meist in einer Kombination von kurzem Ziehen am Lenker und Verlagern des Körpergewichts. Funktioniert tadellos, ist aber relativ langsam. Erheblich schneller geht das durch den Stoß von hinten gegen den Lenker (=Einleiten des Störimpulses, s.o.), unterstützt durch Kniedruck gegen den Tank.

Vorteil gegenüber dem Ziehen an der anderen Lenkerseite ist, daß diese Methode viel leichter verinnerlicht wird (Stoßrichtung = Fahrtrichtung) und zudem feiner dosiert werden kann. Abhängig von der Sitzhaltung steht nämlich zum Stoßen meist mehr Kraft zur Verfügung, als zum Ziehen. Je mehr überschüssige Kraft da ist, umso genauer läßt sie sich dosieren. Versucht mal, mit einem 1 kg-Gewicht an einer Schnur auf einer Waage 500 gr mit geringsten Schwankungen einzustellen, danach mit 5 kg! Beim Ziehen am Lenker hebt man sich sozusagen selbst aus dem Sitz (und wird von Unebenheiten zusätzlich durchgeschüttelt). Beim Stoßen bleibt man eine Einheit mit dem Motorrad, auf dem man durch Hintern und Füße fest abgestützt ist (außer bei choppermäßigen Fußpflöcken irgendwo ganz vorne :schock: ).

So, hoffentlich sind nun nicht alle restlichen Klarheiten beseitigt!
 
Fritz, du bist ein hervorragender Dozent.
Ich habe mich selbst mit diesen physikalischen Grundlagen auch erst beschäftigt, als ich schon eine
Weile Zweirad-Praxis hatte. Die Einlenkbewegungen macht man so instinktiv, dass man darüber staunt, wenn
man sich im Nachhinein selbst analysiert.
Die meisten Fahrer kennen leider auch die Grenzen der Physik kaum und können im Ernstfall die
Möglichkeiten nicht nutzen, die sie hätten. :(
 
Hallo zusammen, hallo Fritz,
herzlichen Glückwunsch zu dieser ausführlichen Beschreibung.

Diese ist wahnsinnig wichtig, vor allem weil sie a) unsere Haut retten kann und b) in der Fahrschule nicht gelehrt wird.
Bei mir liegt die Fahrschule jetzt nicht so lange zurück und da lernte ich zwar alles über Gebote und Verbote aber nichts über korrekte Fahrzeugbeherrschung. Glücklicherweise waren wir, von der Arbeit aus, vorletztes Jahr bei einem Motorrad-Fahrsicherheitstraining. Dem Instruktor klebten wir förmlich an den Lippen, als er uns die Geschichten von Lenkimpuls und Vor-Bremsung erzählte. :sabber:

In der Praxis laßt sich das prima in kleine Übungen gießen, die am Sonntag auf dem geteerten Supermarktparkplatz zurchgeführt werden. Dies half mir zwar bis jetzt noch nicht die Schrecksekunde zu überwinden, aber zumindest richtig zu reagieren.

Wünsche euch eine sichere Fahrt in allen Schräglagen.
Viele Grüße,
Daniel
 
.........in der Fahrschule nicht gelehrt wird.

Tja, DAS war früher anders. Zumindest bei mir. Ich hatte in der Fahrschule einen Fahrradreifen mit Griffen in die Hand bekommen. Jaja, die gute alte Zeit.......
Aber in der Tat ein wirklich gut geschriebener Bericht. Finde ich immer wieder schön wenn jemand so gut erklären kann.

Gruß,
Claus
 
Fritz, das war ))): wirklich :respekt:
Also mal gaaaaanz ährlich, viel besser hätte isch dat och nich jekonnt :&&&:
BOT
 
Servus

Also ich habe das in der Fahrschule auch nicht gelernt. War im Jahr 1982. Habe es erst als es schon zu spät war in einen Sicherheitstraining gelernt ;(

Man lernt halt stur die Regeln und seine Fahrübungen. Wobei aber das Ausweichmanöver eigentlich die Übung wär den Lenkimpuls zu üben. Aber wenn es einen keiner erklärt mogelt man sich halt irgendwie durch die Prüfung und wird auf die Menschheit losgelassen.

Habe nach meinen Positiven Erfahrungen mit den Training auf den Motorrad auch eins fürs Auto gemacht. War beim ADAC in Augsburg. Dort ist ein relativ Moderners Testgelände mit Wasserdüsen und Schleuderplatte. Sollte eigentlich jeder mindestens einmal machen. Ist schon erstaunlich was alles möglich ist mit einen Modernen Auto. :schock:

:oberl: Es würden bestimmt einige brenzliche Situationen erst gar nicht so gefährlich werden wenn beide ihr Fahrzeug egal ob Auto oder Motorrad die Möglichkeiten der Technik und Fahrtechnik voll ausnutzen würden. Es würden einige Motorradfahrer und auch Autofahrer mit den schrecken davonkommen statt ein Leben lang mit den folgen leben zu müssen.
 
Letzte Woche habe ich mal wieder so ein Training beim ADAC gemacht.
Man lernt immer dazu !

Als Literatur kann ich nur wärmstens "Motorradtraining alle Tage. Das Übungsbuch zu »Die obere Hälfte des Motorrads«. von Bernt Spiegel empfehlen ...

Viele Übungen die man selbst auch durchführen kann ...

Gruss
Carsten
 
Hallo,

Eure Tipps sind nachvollziehbar und richtig. Das Ganze muss aber zur Gewohnheit werden. Nur so gewinnt der Schreck nicht die Oberhand und eine richtige (automatische) Reaktion ist möglich. Das ist übrigens in dem erwähnten Buch von B. Spiegel gut beschrieben.

Und genau da liegt mein Problem als Wenigfahrer. Mit meinen 3TKM in 4 Jahren kann nichts zur Gewohnheit werden. Das führt bei mir dazu, dass ich mich schon bei geringer Schräglage mulmig fühle, in Schrecksituation :schock: die Vorderradbremse zu fest zuknalle oder um das zu vermeiden zu vorsichtig bremse. :---) Sicher fahren ist also leider etwas anderes.

Parkplatzübungen habe ich auch schon gemacht. Aber ohne Anleitung oder Beobachtung durch andere ist das nicht wirklich effektiv. Ein Sicherheitstraining wäre evtl. eine Alternative. Mit dem PKW habe ich schon daran teilgenommen und sehr gute Erfahrungen gesammelt. Leider bin ich mir aber nicht sicher, ob ich genug Q-Übung habe um quasi die Grundvoraussetzungen zu erfüllen. :nixw: Was sollte man aus Eurer Sicht beherrschen bzw. was sollte man sich zutrauen, damit ein Sicherheitstraining auch etwas bringt?

Gruß, Gerd
 
Hallo. ich hatte mir mal die Mühe gemacht, die VHS Kasette, die "dem Lehrbuch" beiliegt auf DVD zu ziehen. Dort sind Übungen zu richtigen Kurvenfahren, Schräglage usw. in 60 Minuten im Detail erklärt.
Gruß pelle
 
Das Problem der Wenigfahrer steigert sich ins unermessliche, wenn sie auch noch anfangen an ihren Kühen rumzuschrauben. Das war so meine Erfahrung vor der Boxerkunstgeschichte. Heute sind wir weiter. Es wird mehr gefahren. Alle Treffen die oben links im Forum angezeigt werden sind es wert daran teilzunehmen. Mein Ziel für dei Zukunft ist nochmehr zu fahren. Das es nicht Jedem gelingt sich dafür sofort Zeit zu nehmen steht doch außer Frage, aber ein Ziel zu definieren ist erlaubt. Ich habe es seit 2004 geschafft 10000 - 15000 km im Jahr abzuspulen, meistens wenn die Masse vor der Klotze sitzt. Das ist nicht unbedingt am Wochenende eher Abends. Freitag früh das Arbeiten aufhören und mit dem Motorrad auf und davon. Da komme ich auch mal am Samstag Morgen mit den Semmeln heim um 7:30 Uhr und leute das Wochenende mit einem guten Frühstück ein. Meine Familie hat mich dann immer noch das ganze Wochenende um sich. Da zählt wie so oft auch nicht die Quantität. Am meisten Freude in punkto Motorrad macht mir die letzte zeit meine Frau. Sie war immer sehr ängstlich und hatte keinen Spaß am Motorradfahren. Das ändert sich gerade. Wir stehen öfters am Wochenende Morgens sehr früh auf und fahren 1,5 Stunden durch sie Natur mit dem modernen Motorrad. Die Kinder pennen lassen und mit den Frühstückssemmeln wecken um 8:00 Uhr gefällt uns sehr.

Genau da Gerd hast du vollkommen recht, nur so prägen sich Fritzes Ausführungen in die Erfahrung ein.
 
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