Nockenwellenlager von vorn her tauschen (Welle mit Fliehkraftregler)

Fritz

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22. Juni 2007
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Grüß Euch,

beim 75/7-Motor war jetzt nach ca. 160 Tkm dringend das vordere NoWe-Lager fällig. Die Symptome: Nicht mehr abzustellendes Geklapper und bei im OT korrekt eingestelltem Spiel Z u nahme des Spiels beim Weiterdrehen über OT hinaus.

Es handelt sich um die alte NoWe-Version mit Fliehkraftregler vorn. Um Verwirrungen vorzubeugen: Bei der Welle auf den Bildern ist der Stummel für den Regler abgeflext; wird wegen Powerdynamo-Zündlichtanlage mit Impulsabgriff auf der Kurbelwelle nicht mehr benötigt.

Die neuere NoWe-Version mit dem Zweiflach hinten läßt sich relativ leicht von vorn her in das Ölpumpenrad einfädeln. Meine -ältere- Ausführung ist jedoch hinten rund und wird im Pumpenrad mit einem Halbmond-Keil (oder auch Halbmond-Feder genannt) gegen Verdrehen fixiert.

Dieser Einbau läßt sich nach häufiger Meinung nur von hinten her bewerkstelligen, sprich mit Getriebeausbau und allen Nebenarbeiten. Das wollte ich mir nicht antun, und siehe da, es geht doch von vorn her! Faulheit ist eben die Mutter des Fortschritts ... :]

Die üblichen Vorarbeiten sind hier nicht das Thema; ich komme direkt zur Sache.

Nach Abbau von Kettenkastendeckel und Steuerkette liegt die NoWe griffbereit frei. Zuerst müssen aber die Stößel entlastet werden. Dazu habe ich einen Kolben auf OT gestellt und dort die Ventilschrauben ganz eingedreht (hier bleiben also alle 6 Kopfmuttern fest, spart etwas Arbeit). Auf der anderen Seite müssen die 4 Muttern der Halteböcke soweit gelockert werden, bis auch dort kein Druck mehr auf den Kipphebeln ist.

Nun kann die NoWe mit geringer Kraft herausgezogen werden (evtl. am Anfang zum Lösen unter dem Kettenrad hebeln). Nach Entfernen des alten Lagers hat man einigermaßen Einblick in das Motorinnere. Beleuchtet habe ich mit einer Kaltlichtquelle mit Glasfaserkabel - womit ich früher den Leuten in die Hälse und Ohren geschaut habe. Zu Motor- und Tank-Inspektionen taugt es noch viel besser. Eine Taschenlampe o.ä. sollte aber auch gehen.

Die Stößel machen evtl. Schwierigkeiten, indem sie aus ihren Führungen nach innen gleiten und den Weg versperren. Abhilfe: Maschine leicht schräg nach links stellen, dann bleiben die hinteren von ihnen schon mal in den Führungen. An den vorderen -rechts- gfls. Öl abwischen und Fett draufschmieren (langer Schraubendreher oder Spatel), bis sie nicht mehr herausrutschen. Ein ganz herausgerutschter Stößel kann mit ein wenig Geschick wieder geborgen und eingesetzt werden; lange Klemme, steifer Draht etc..

Nun schaut man, wo sich die Keilnut im Pumpenrad befindet. Auf dem Bild unten steht sie bei 10 Uhr. Entsprechend muß auch die Welle eingeführt werden. Ich empfehle dringend als "Trockenübung", die Welle zunächst ohne die Halbmond-Feder einzuschieben! Schauen, wie man ohne Anecken mit den Nocken durchkommt, und das Wichtigste: Das Gefühl kennenlernen, wie und mit welchem Widerstand das hintere Ende in die Bohrung des Pumpenrotors rutscht.

Dann wird die Welle vorbereitet. Ein Markierungsstrich kommt vorne oben drauf dergestalt, daß dabei die hintere Nut mit der Nut im Pumpenrad fluchtet. Die Halbmond-Feder muß unbedingt fest in ihrer Wellennut sitzen, um nicht ins Kurbelhaus zu fallen, sonst: :schimpf:
Dazu habe ich die Nut mit sehr zähem, klebrigem Fett zugespachtelt (Mike Sander's Korrosionsschutzfett; Heißlagerfett o.ä. tut es wohl auch) und die Feder hineingequetscht. Diese sollte weitgehend gerade sitzen mit ganz gering abgesenktem Ende zum Pumpenrad hin. Falls zu hoch, stößt sie an oder, falls zu stark gesenkt, stellt sie sich evtl. hoch und klemmt.

Es wird ernst! Nach hinreichender Übung die Welle mit Feder einführen, unter leichtem Hin- und Herdrehen in den Rotor einführen. Wenn es von Hand nicht mehr weitergeht, vorn leicht mit dem Hammer klopfen, bis der veränderte Klang verrät, daß das Wellenende im Grund "angekommen" ist. Es hat geklappt, und die Welle ist drin. Nun kann das neue Lager eingesetzt werden. Bis zum Gehäuse gleitet es leicht auf die Welle. Das vordere Wellenende wird meist nicht genau mittig sitzen. Mit leichtem, seitlichem Hammerklopfen auf den Lagerschild unter gleichzeitigem Drücken läßt sich dieser aber ins Gehäuse einführen.

Das Bild zeigt nicht das serienmäßige Alulager, das Gußteil mit Bronzebuchse von Motoren-Israel. Habe ich trotz des Preises meinem Geldbeutel abgerungen, weil bei anderen Händlern das Ori-Teil nicht lieferbar war, mir die technische Begründung einleuchtet und ich etwas langzeitig Haltbares wollte. Ist hier aber nicht das Thema!
Hubi hat in einem anderen Fred mal Bedenken wegen evtl. verringertem Öldruck geäußert. Da ich ernstnehme, was von Meister Hubi kommt, habe ich den Lagerflansch noch mit Dichtmasse versehen.

Wie schon oben gesagt, habe ich den Wellenstummel für den Fliehkraftregler abgeflext, wo die Welle schon mal draußen war. Um eine potentielle "Ölquelle" trocken zu legen, habe ich eine Aluscheibe gedreht und damit die Bohrung im Kettenkastendeckel verschlossen, s. Bilder von innen und außen. Platz ist genug da. Der alte Wellendichtring bleibt drin (= Gürtel und Hosenträger).

Nicht zu vergessen: Das Axialspiel der Welle muß eingestellt werden, und zwar auf 0,1 mm! Fehlt in meiner ansonsten sehr guten Reparatur-Anleitung!! Dazu habe ich ein hosenförmiges 0,1 mm-Blech zugeschnitten, das beim Aufpressen das Kettenrad auf diesem Abstand hält.
Edit: Das Kettenrad sollte v o r dem Einsetzen der Nockenwelle auf dieselbe gepreßt werden, s.a. post weiter unten von schorsch3!

Dies ist natürlich ein reiner Bericht ohne Anregung zum Nachmachen und mit Haftungsausschluß für erbastelte Schäden ...

Grüßle, Fritz. )(-:
 

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Ich bin nicht ganz sicher, ob Du mal was von HNO-Mediziner erzählt hast, hört sich jetzt mehr nach Gynäkologe an!
Aber in Ohren gibt es ja auch feine Gänge!
)(-::applaus: Gut beschrieben!
 
Hallo,

laufen tut' s noch nicht, dieweil auch andere Arbeiten dran sind - Bremse überholen, neuer Reifen. Muß aber bis zum Südwest-Treffen in Neu-Ulm alles fertig sein.

Zur Arbeit in engen, dunklen Öffnungen: Der HNO-ler ist wesentlich höher qualifiziert als ein Gynäkologe, denn er ist Fünfloch-Arzt ... :&&&:


Grüßle, Fritz. )(-:
 
eins-zwei....drei-vier....fünf, stimmt, sind fünf, Donnerwetter, gleich fünf, davon kann der Gyn. nur träumen.:pfeif:
 
Hallo Fritz,
schön beschrieben, jedoch ich mir ein Punkt zweifelhaft.

Das Nockenwellenrad wird normalerweise vor dem Einbau auf die Welle gepresst um das Axialspiel des Lagers exakt einzustellen.

Wenn Du das nach Einbau machst, ist die hintere Anlagefläche schwer zu beurteilen und Du bringst viel Druck auf das Ölpumpenrad/Gehäuse.

Nur mal so als Gedanke von mir.mmmm
 
Könntet ihr euch evtl. auf Feuchtgebiete einigen ;)?

Egal wieviel Löcher :D.

Die Nockenwelle so einzubauen ist wieder ein typischer Fritz)(-:.

Nach dem 10. vergeblichen Versuch wäre die NW bei mir quer durch die Garage geflogen. Da hättest Du nix mehr abflexen müssen :D.

Vielleicht ist ja wirklich Grundvorraussetzung die HNO-, bzw. auch Gynäkologenausbildung.

Dann wäre Getriebe-, Schwungscheiben- und Ölpumpenausbau doch die schnellere Alternative :D.

Bin gespannt, ob Andreas sich noch meldet :lautlachen1:.

Gruß
Wolfgang
 
!AW: Nockenwellenlager von vorn her tauschen (Welle mit Fliehkraftregler)

Hallo!

Das ist ja schön beschrieben! Doch, was wenn die Passfeder sich doch beim Einführen der Nockenwelle in den Pumpenrotor rausdreht und in den Kanal da drunter fällt??:entsetzten: Ich würd´s nicht machen. Zur Sicherheit lieber das Getriebe raus und Kupplung runter. Bei der neueren Version mit dem flachen Absätzen an der NW ist das natürlich kein Problem.

Gruß, Jürgen
 
Könntet ihr euch evtl. auf Feuchtgebiete einigen ;)?

Egal wieviel Löcher :D.

Die Nockenwelle so einzubauen ist wieder ein typischer Fritz)(-:.

Nach dem 10. vergeblichen Versuch wäre die NW bei mir quer durch die Garage geflogen. Da hättest Du nix mehr abflexen müssen :D.

Vielleicht ist ja wirklich Grundvorraussetzung die HNO-, bzw. auch Gynäkologenausbildung.

Dann wäre Getriebe-, Schwungscheiben- und Ölpumpenausbau doch die schnellere Alternative :D.

Bin gespannt, ob Andreas sich noch meldet :lautlachen1:.

Gruß
Wolfgang

Ta daaah :D

Ihr wollt bestimmt nicht wissen, in welche feuchten Hohlräume ich so reinschauen muß .... aber mit dem Endoskop zur Nierenspiegelung käm`ich hinter der Ölpumpe locker wieder `raus !
Nur daß ich nach so einer Aktion Ärger mit den Jungs aus dem Steri bekommen würde :&&&:


Ansonsten Kompliment an Fritz zur gelungenen minimalinvasiven OP mit vollständiger Genesung des älteren Patienten !

Gruß aus den menschlichen Tiefen,
Andreas
 
Hallo Fritz,
schön beschrieben, jedoch ich mir ein Punkt zweifelhaft.

Das Nockenwellenrad wird normalerweise vor dem Einbau auf die Welle gepresst um das Axialspiel des Lagers exakt einzustellen.

Wenn Du das nach Einbau machst, ist die hintere Anlagefläche schwer zu beurteilen und Du bringst viel Druck auf das Ölpumpenrad/Gehäuse.

Nur mal so als Gedanke von mir.mmmm

Hallo Frank,

das ist völlig richtig. So habe ich das auch vor vielen Jahren schon einmal gemacht; war mir aber entfallen. Habe im Beitrag einen Hinweis nachgetragen.
Man wird halt so allgemach ein alter :sack:

Vorhin habe ich das Kettenrad aufgesetzt. War trotz Erhitzen und passender Aluhülse ein ordentliches Gehämmer - hoffen wir das Beste ...:pfeif:

Grüßle, Fritz. )(-:
 
Ansonsten Kompliment an Fritz zur gelungenen minimalinvasiven OP mit vollständiger Genesung des älteren Patienten !

Gruß aus den menschlichen Tiefen,
Andreas


Dankeschön, und ich habe garantiert keine Tupfer oder Klemmen vergessen! Eventülle Kollateralschäden nach der brachialen Kettenrad-Aktion (s.o.) werden sich nach der Aufwachphase zeigen.

"Gruß aus den menschlichen Tiefen" ist nett :] - ein Neurologe würde dann gfls. "aus den geistigen Niederungen" grüßen? :D
 
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