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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : G/S-Prototypen in Ecuador 1980



ISDT79
12.02.2021, 19:37
1980 begaben sich der Journalist Hans-Peter Leicht und der BMW-Pressesprecher Kalli Hufstadt mit 2 G/S-"Prototypen" auf eine 2000 km lange Reise in Ecuador vom Amazonas bis zu den Vulkanen, um Werbefotos und -Filme für die G/S-Präsentation zu produzieren und die Standfestigkeit und Vielseitigkeit des Konzepts zu zeigen.

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/19c0c41c-121a-42a2-a540-fcc7218ba797/web?pfdrid_c=false&uid=6877f88a-5e55-4872-a69c-f1aa4b61a6b4
Foto von hier: https://bmw-grouparchiv.de/research/search/
Als Suchbegriffe "Prototyp G/S" oder "Ecuador" eingeben.

Da die beiden Maschinen wohl relativ unbekannt und trotzdem recht interessant sind, möchte ich die Geschichte bzw. das was ich davon weiß hier mal erzählen.

Dazu gibt es einen schönen Reisebericht in einem BMW-Journal, welches sich leider nicht (von mir) verlinken lässt. Kann man aber hier suchen:
https://bmw-grouparchiv.de/research/search/
Als Suchbegriff "Journal" eingeben und das Heft 2/80 suchen, öffnen und Seiten 10-22 lesen :bitte:


Gruß

Werner

ISDT79
13.02.2021, 15:36
In den Berichten war immer die Rede von Vorserien-Maschinen oder Prototypen. Wenn man sich die Details aber anschaut, sind die Gemeinsamkeiten mit der G/S jedoch sehr gering.

Die Basis für die beiden Maschinen bildeten die Werksmotorräder für die Sixdays 1979, mit denen Witzel und Witzhöft Gold erreichten und Schalber, Schek und Fischer Silber bekamen:

https://i2.wp.com/motomundo.com.br/wp-content/uploads/2017/03/foto-destaque.007-1.jpeg
Foto von hier: https://motomundo.com.br/bmw-gs-historia-por-tras-sucesso/

https://i.pinimg.com/564x/9f/dd/8c/9fdd8ced98c42d374c1eb003bef2ca1c.jpg
Foto von hier: https://www.pinterest.cl/pin/149604018860872275/


Ich nehme an, dass man die zu erwartenden Strapazen der Ecuador-Reise einer echten Vorserien-G/S nicht zutraute und daher auf ein bewährtes Geländesport-Motorrad zurückgreifen wollte mit großen Federwegen (270/230 mm), geringem Gewicht (fahrfertig 138 kg) usw.. Also wurden 2 Maschinen entsprechend umgebaut, um wenigstens von weitem wie eine G/S auszusehen. Wie gesagt, es sollte ja Werbematerial produziert werden.

So sahen die beiden Maschinen vor der Reise aus (Fotos immer aus dem BMW Group Archiv, wenn nichts anderes dabei steht):

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/23b10b54-025b-4ddd-824b-686ec435f292/web?pfdrid_c=false&uid=405d08b1-caa6-492a-a083-85860007ede0

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/d1f3eab0-9adc-44cc-9e10-f9697076cc36/web?pfdrid_c=false&uid=cbd022c9-2117-4aa8-9b23-8dd5c9c38aab

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/e775e746-bb76-4a74-8cf2-0ef1598113b9/web?pfdrid_c=false&uid=af987f89-888f-4dfc-a9ed-2aa8cf5b70e7

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/b41bdc98-915d-4146-87bb-508c6d8da671/web?pfdrid_c=false&uid=14b29bb6-780d-4edb-852d-86c942a1aa2c


Im Detail sind die beiden Maschinen nicht identisch, gerade der Heckbereich unterscheidet sich geringfügig in Sitzbanklänge und Kotflügelstellung. Im Vergleich zu den Werksmaschinen oben wurde auch die Schwinge auf der rechten Seite durch ein großes Blechstück verstärkt - bei den Sixdays soll es einige Schwingenbrüche gegeben haben, die wundersamerweise beim nächsten Kontrollpunkt behoben waren... :pfeif:


Gruß

Werner

ISDT79
18.02.2021, 10:41
Was sind also die Besonderheiten dieser Maschinen?

Beginnen wir mit dem Rahmen. Der hat nichts mit einem BMW-Serienrahmen gemeinsam. Er wurde mit der Vorgabe, ein Einzelfederbein zu verwenden, 1979 völlig neu konzipiert und auf die Belange im Geländesport abgestimmt.

Hier hatte ich schon einmal etwas dazu geschrieben:
https://forum.2-ventiler.de/vbboard/showthread.php?65961-Inspirationen-f%FCr-klassische-Gel%E4ndesport-Umbauten&p=1059150&viewfull=1#post1059150

Ich habe versucht, die beiden Rahmen skizzenhaft(!) miteinander zu vergleichen, der Serienrahmen einer G/S in Magenta und die Werksmaschine in schwarz:

https://forum.2-ventiler.de/vbboard/attachment.php?attachmentid=276310&d=1614191536

Die Geometrie weicht extrem von den Serienrahmen ab, kennzeichnend ist u.a. der angeschweißte Heckrahmen. Der Motor sitzt 7-8 cm weiter vorn als in der Serie, die Schwingenachse liegt näher am Getriebe, die Schwinge ist länger - und das alles "nur", um die Aufstellmomente des Kardans zu verringern! Nachteil war leider eine erhöhte Kopflastigkeit...


Gruß

Werner

ISDT79
24.02.2021, 20:38
Ich arbeite mich mal von vorne nach hinten durch und fange mit der vorderen Bremsanlage an.

Die G/S war schon seit schätzungsweise Ende 1977 mit einer Scheibenbremse geplant. Davon hatte die Entwicklungsabteilung die Kaufleute überzeugt, um gegenüber den japanischen Enduros ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Die Entwickler hatten dazu 2 identische Motorräder gebaut, einmal mit Trommel und einmal mit Scheibe, von denen es meines Wissens leider keine Fotos gibt ;(. Danach fiel dann die Entscheidung zu Gunsten der Scheibe.

Die für die Ecuador-Maschinen als Basis auserkorenen Sixdays-Maschinen hatten aber noch Trommelbremsen und an den verwendeten MAICO-Gabeln gab es keine Befestigungspunkte für den Bremssattel. Es wurden also entsprechende Adapter aus Alumaterial geformt und am rechten Gleitrohr stumpf angeschweißt. Ehrlich gesagt habe ich mich auch immer gewundert, ob sich das Gleitrohr bei der Schweißung nicht verzieht. Aber selbst bei der 1984er Paris-Dakar-Werksmaschine wurde das noch so durchgeführt, also hat es ja wohl problemlos funktioniert.

Weiter wurden wahrscheinlich ein /7-Brembo-Sattel sowie die passende Bremsscheibe samt Nabe verwendet, die in eine 21"-Felge eingespeicht wurden.

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/b41bdc98-915d-4146-87bb-508c6d8da671/web?pfdrid_c=false&uid=22217743-fbde-47c4-8108-d5552bc6d3ca


Für die Bremsbetätigung wurde die frühe /7-Lösung verwendet, also ein kurzes Bremsseil bis zum Bremszylinder, der aber nicht unter dem Tank, sondern an der oberen MAICO-Gabelbrücke sichtbar befestigt war, der Bremsflüssigkeitsbehälter hing an der Querstrebe des MAGURA-Lenkers. Brems- und Kupplungshebel sowie der Gasgriff 311 waren ebenfalls MAGURA-Teile aus dem Geländesport. Die Knubbelschalter waren noch aus der /5 bzw. frühen /6 entnommen. Ich bin mir nicht sicher, welcher Tacho verwendet wurde. Der Tachoantrieb erfolgt nicht vom Getriebe wie BMW-üblich, sondern endurotypisch vom 21"-Vorderrad, da passt die BMW-Tachoübersetzng wohl eher nicht. Er war provisorisch ohne das übliche Kunststoffgehäuse montiert. Man erkennt auch gut die Luft-Ventile oben auf der Gabel, die luftunterstützt war. Man hat aber wohl nur wenig Druck verwendet, um die Gabelsimmerringe zu schonen.


https://bmw-grouparchiv.de/research/media/aa48befb-e8ed-48b8-ab0b-81a2dee0e79f/web?pfdrid_c=false&uid=cfe10d92-56d8-4c59-8cc6-531c4456407d


Oben in der Seitenansicht sieht man gut den verwendeten R45/R65-Scheinwerfer mit Steinschlaggitter, der mit einer etwas windigen Blechstreifenkonstruktion an der Gabel befestigt war. Diese Halterung war den Geländefahrten in Ecuador allerdings nicht gewachsen und quittierte zwischenzeitlich den Dienst ... :pfeif:

Der vordere Kotfügel war von M.Robert und wurde eigentlich an MAICOs verbaut. Er war daher eigentlich Rot und musste Weiß lackiert werden. Die Farbe blätterte gerne ab, was man auf einigen Fotos der Geländesportmodelle gut sehen kann.

Warum relativ viele MAICO-Teile verwendet wurden, lässt sich einfach erklären. Laszlo Peres betrieb seit Anfang der 70er Jahre aktiv Geländesport, fuhr schon immer auf MAICO und hatte gute Beziehungen zum Werk, obwohl er nie Werksfahrer war. Die Gabeln, Vorderbremsen usw. waren Ende der 70er mit die Besten auf dem Markt, also hat man wohl auch bei Tank, Sitzbank und Kotflügel dort eingekauft.

Der Tank ist eines der wenigen Bauteile, welches direkt von der G/S zu kommen scheint.
Allerdings waren das speziell angefertigte Alutanks, deren Form mir noch minimal größer und rundlicher als die späteren Serien-Tanks erscheint (zumindest auf den Fotos, in echt habe ich leider noch keinen gesehen). Die Vertiefungen für die Embleme fehlen, es wurden Klebeembleme verwendet, die auch weiter oben platziert wurden und der aufgesetzte Tankstutzen sitzt etwas weiter hinten. Das war dann in der späteren Serie bekanntlich anders.

Durch diesen Tank sind die Ecuador-Maschinen für mich DAS Bindeglied zwischen Klassik und Moderne. Da er hier auf reinrassigen Wettbewerbsmaschinen sitzt, kommt das S aus G/S in seiner m.M.n. ursprünglichsten Bedeutung, nämlich dem SPORT aus Geländesport, zur Geltung. Die anderen Seiten der Medaille sind natürlich Muth's Gentleman Scrambler und das Gelände/Straße des Marketings, die erblickten für mich aber erst in Avignon das Licht der Welt. Und G/S bedeutete für mich schon immer Gelände/Sport :D

Mir gefällt dieser breite blaue oder rote Streifen echt gut. Leider weiß ich nicht, wer für dieses Design verantwortlich zeichnet. Aber sollte ich mal einen weißen G/S-Tank bekommen, wäre dieses Design mein Favorit.

Die Sitzbank wurde wieder von den Wettbewerbsmaschinen übernommen. Dort wurde eine MAICO-Sitzbank nahezu ohne Änderungen verbaut. Da hier der G/S-ähnliche Tank aber länger baut als der MAICO-Tank, wurde der Sitz vorn deutlich gekürzt.

Der Motor stammt wohl noch 1:1 aus den Wettbewerbsmaschinen, zumindest äußerlich sehen sie identisch aus, sogar die Farbmarkierungen von den Renneinsätzen sind noch zu sehen.

Schon Anfang 1979 hatte man 2 Maschinen mit Motoren ausgestattet, die von Willi und Günter Michel vorbereitet worden waren, bis zu den Sixdays waren dann alle 6 Maschinen damit ausgestattet (man startete unter dem Teamnamen MTS für Michel-Tweesmann-Schek). Das waren wohl erleichterte 800er Triebwerke, die an dem abgefrästen Kettenkastedeckel und der aufgesetzten "Dose" als Abdeckung der Kröber-Zünd- und Lichtanlage zu erkennen sind, siehe hier die beiden linken Maschinen von Witthöft und Peres:

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/70b382bc-c209-465c-9839-2f64aaa279c8/web?pfdrid_c=false&uid=079b8a9d-1ad4-4e81-95c6-465e3d1bdf27


Das Getriebe sieht auf den ersten Blick äußerlich serienmäßig aus, ist aber innen an allen machbaren Stellen erleichtert.
Wie zu Beginn schon erwähnt, liegt der Schwingendrehpunkt näher am Getriebe als in der Serie, daher wird es am Getriebeausgang extrem eng. Der Anguss für den Anschluss der Tachowelle und die Getriebeentlüftung wurde entfernt und zugeschweißt, der Bund für die Manschette nach vorne versetzt. Die Abtriebswelle hat keinen Konus am Ende mit aufgeschrumpften Flansch, sondern wahrscheinlich eine Außenverzahnung, auf der ein Gelenk ähnlich dem hinteren der Paraleverwelle sitzt, um Baubreite zu sparen.

Die Schalthebelbetätigung ist ähnlich der an den 248er Typen gelöst, der Hebel sitzt aber zwischen zwei Laschen, die am Rahmen angebracht sind.

Zur Gewichtseinsparung sind die Luftfiltergehäusehälften, die Anlasserabdeckung, unter der u.a. die Zündspulen (aber kein Anlasser!) liegen, und wahrscheinlich der hintere Getriebedeckel aus einer Magnesiumlegierung gegossen. Da diese Teile schnell unansehnlich grau werden, wurden sie gerne wie hier zu sehen in Silber lackiert.

Gruß

Werner

ISDT79
03.05.2022, 20:13
Das ungewöhnlichste Bauteil an diesen Maschinen ist wohl die Cantilever-Schwinge, die von Peres propagiert wurde. In diesem Beitrag sind Fotos der Schwinge zu sehen von einer 1979er Originalmaschine, die sich heute in Privathand befindet:
https://forum.2-ventiler.de/vbboard/showthread.php?12971-79-Enduro-Replika&p=215349&viewfull=1#post215349

https://forum.2-ventiler.de/vbboard/attachment.php?attachmentid=22327&d=1284881697 (https://forum.2-ventiler.de/vbboard/showthread.php?12971-79-Enduro-Replika&p=215349&viewfull=1#post215349)


Und hier Fotos der Maschine im Werksmuseum:
https://forum.2-ventiler.de/vbboard/showthread.php?12971-79-Enduro-Replika&p=216827&viewfull=1#post216827

https://forum.2-ventiler.de/vbboard/attachment.php?attachmentid=22514&d=1285354511


Schon seit den 30er Jahren im Motorradbau bekannt, setzten Hersteller wie Yamaha oder Kramer ähnliche Konstruktionen seit Mitte der 70er Jahre im Geländesport und MotoCross ein, bei denen der/die Stoßdämpfer horizontal über dem Motor lagen. Das Rahmenheck musste also weniger Kräfte aufnehmen, da die Federkräfte fast im Lenkkopfbereich in den Rahmen eingeleitet wurden, und konnte daher leichter werden. Dafür war die Schwinge dann aufwändiger/schwerer.

Durch das Luftfiltergehäuse waren die Platzverhältnisse bei den BMWs aber nicht optimal, die obere Stoßdämpferaufnahme lag über dem Luftfilter und daher war der Dämpfer sehr kurz. Es wurde ein speziell entwickelter Bilstein-Stoßdämpfer mit Ausgleichsbehälter verwendet. Auch musste das Luftfiltergehäuse oben gekürzt und abgeflacht werden.

Leider hatte die Schwinge auch konstruktive Schwächen. So waren die Rohrdurchmesser des oberen Dreiecks recht klein und die Aufnahmelaschen für das untere Stoßdämpferauge wurden auf das Querrohr aufgesetzt. Durch das dadurch erzeugte Drehmoment brachen die Schwingen bei den Sixdays reihenweise und sie wurden notdürftig mit großen Blechverstärkungen versehen, die bei den Ecuador-Maschinen auch zu sehen sind.

Die 1980er Wettbewerbsmaschinen hatten daher eine geänderte Schwinge, bei der der Dreiecksverbund nur auf dem rechten Schwingenholm saß. Dadurch konnte auch der Stoßdämpfer neben das Hinterrad wandern und länger werden. Diese Schwinge wurde sogar noch bei den 1981er Werksmaschinen für die Paris-Dakar verbaut!

https://gallery.2-ventiler.de/vbgallery/d/125568-3/HPN+049.JPG
Foto von hier: https://gallery.2-ventiler.de/vbgallery/v/treffen/plauderabende/Plauderabend+u+HPN+14-07-04/?g2_page=1


Die Krümmer sehen auf den ersten Blick serienmäßig aus. Sie schmiegen sich aber samt Querrohr wesentlich enger an Rahmen und Motor an, um im Geländeeinsatz besser geschützt zu sein. Auf den Fotos ist aber zu sehen, dass das nicht immer geklappt hat :pfeif:

Die 79er Wettbewerbsmaschinen hatten 2 Schalldämpfer, die seitlich am Heckrahmen hochgezogen wurden. Das waren Dämpfer der Yamaha XT500 aus dem allerersten Baujahr mit dem noch unten liegenden Krümmer. Auf die aufschraubbare Endkappe wurden noch Rohre aufgeschweißt, damit die Abgase die Sitzbank nicht verschmorten.

Diese Anlage wurde für die Ecuador-Maschinen auf einen Schalldämpfer geändert, da schon klar war, dass die G/S nur einen Dämpfer links haben würde. Dazu wurde der rechte Dämpfer samt Halterung entfernt und ein Verbindungsrohr hinter dem Getriebe nach links gelegt. Schon die 2-Dämpfer-Anlage war nicht gerade leise, mit nur einem Dämpfer wird es nicht besser geworden sein :D

Sah dann so aus :sabber:

https://img.speedweek.com/i/2/248d228b5bd948d4b816442e78a0e8c5.jpg
Foto von hier: https://www.speedweek.com/katalog/news/165443/Die-Fernwehmaschine-40-Jahre-BMW-R80GS.html

Gruß

Werner

ISDT79
03.05.2022, 20:14
Und damit sich der Kreis dieses Threads nun endlich schließt, der eigentlich aus den Fragen in diesem Thema entstanden ist:
https://forum.2-ventiler.de/vbboard/showthread.php?99248-Heckkotfl%FCgel-G-S-Designmodell-von-Hans-A-Muth

... soll es nun noch um den hinteren Kotflügel gehen.

In der Saison 1978 hatte Peres noch einen Maico-Kotflügel an seinem Eigenbau verwendet, mit dem er Vizemeister in der Deutschen Geländemeisterschaft wurde. 1979 tauchten erstmals Maschinen auf, deren Koti völlig neu gestaltet war und die Startnummerntafeln beinhalteten:

https://www.hpn.de/bilder/high_resolution/sixdays_gs_r1.jpg
Foto von hier: https://www.hpn.de/deutsch/high_resolution.html


Diese Kotflügel sind denen der KTM GS80-Modelle sehr ähnlich, die Ende 1978 auf den Markt kamen:
https://www.enduroklassiker.at/800-tm_large_default/kotflgel-hinten.jpg
Foto von hier: https://www.enduroklassiker.at/de/plastikteile-und-verkleidungen/2306-kotflgel-hinten.html


https://blog.ktm.com/wp-content/uploads/2019/08/resized_79_400GS80.jpg
Foto von hier: https://blog.ktm.com/de/inthisyear1979-50-000ster-ktm-2-takt-motor/


Wahrscheinlich wurden die KTM-Kotflügel auch an den Arbeitsmotorrädern der Entwicklungsabteilung verbaut, die als Begleitfahrzeuge bei den Geländefahrten verwendet wurden.

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/b2ac42a3-d533-49aa-b99e-5b3267001836/web?pfdrid_c=false&uid=050bb81f-1948-469f-9173-15a1ce4a6095

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/6dda1948-1d95-4a2e-a280-bb7becc1488c/web?pfdrid_c=false&uid=1e7e5315-7970-4047-b904-1c3c312670f3


Das Heck der Ecuador-Maschinen sah so aus:

https://bmw-grouparchiv.de/research/media/8cb6cade-b648-4150-bc00-54eb4738f264/web?pfdrid_c=false&uid=0035ed9b-9607-4f89-bf35-9fd6643824ad

Im letzten Bild erkennt man, dass der bei den Ecuador-Maschinen verwendete Koti aber breiter ist als bei KTM, gerade neben der Rückleuchte steht noch mehr Fleisch. Ich gehe davon aus, dass diese Version speziell für BMW in Kleinserie hergestellt wurde.

Unser User cjm hatte mir damals noch mehr Fotos geschickt von der Ausstellung
https://forum.2-ventiler.de/vbboard/showthread.php?12971-79-Enduro-Replika&p=215349&viewfull=1#post215349

Dort war auch ein Foto des Hecks dabei, unten ein Detail daraus, es wurde wohl der gleiche Koti wie bei den Ecuador-Maschinen verbaut:

302608


Den/die Hersteller der originalen KTM-Kotis konnte ich leider nicht ausfindig machen, da diese offensichtlich keine Herstellersignatur eingegossen hatten. Woher BMW seine Version bezogen hat, ist für mich daher auch unklar. Ich gehe davon aus, dass die Kotis ohne Startnummerntafel aus Kunststoff gespritzt bzw. tiefgezogen waren, die mit Startnummerntafel aber als Einzelstücke aus GFK hergestellt wurden. Diese Form wurde immerhin noch bis 1984 bei den Paris-Dakar-Maschinen verwendet.


Bei den Wettbewerbsmaschinen sah das dann so aus, man erkennt an dem Absatz sogar noch den Koti ohne Tafel:

https://gallery.2-ventiler.de/vbgallery/d/125324-3/Img_6755.jpg

Gruß

Werner

ISDT79
03.05.2022, 20:15
Nach der Ecuador-Reise kamen die beiden Maschinen wieder zurück nach München. Eine Maschine wurde wohl verschrottet, zumindest der Rahmen existiert wohl nicht mehr, wahrscheinlich war er verzogen. Die andere Maschine (wahrscheinlich mit den brauchbarsten Teilen aus beiden Maschinen erbaut) landete im Privatbesitz von Ekkehard Rapelius, der als Versuchsleiter in der Motorradentwicklung maßgeblich das Projekt R80G/S vorantrieb. Sie wurde von ihm als Reisemaschine, aber auch weiter als Versuchsträger benutzt und dabei (leider, leider...) auch immer weiter umgebaut und fristete zuletzt ein ziemlich trauriges Dasein in einem Schuppen auf seinem Anwesen. Dort wurde sie für 2 Buchprojekte über die GS abgelichtet, einmal von Andy Schwietzer für den Boxer-Band 2 und von Torsten Kämpfer für das Buch BMW GS.

Vor einigen Jahren kamen die Fragmente dann wieder zurück zu BMW, sie steht heute im Werksmuseum und wird von Zeit zu Zeit auch wieder gezeigt:

https://www.bimmerarchiv.de/images/9480-493-bmw-r-80-enduro@2x.jpg

https://www.bimmerarchiv.de/images/9481-493-bmw-r-80-enduro@2x.jpg

https://www.bimmerarchiv.de/images/9482-493-bmw-r-80-enduro@2x.jpg
Fotos von hier: https://www.bimmerarchiv.de/foto/galerie-493-concorso-d-eleganza-villa-d-este-2018.html


https://www.concorsodeleganzavilladeste.com/wp-content/uploads/2018/05/ConcorsoDEleganza2018_R80_Enduro-1200x900.jpg
Foto von hier: https://www.concorsodeleganzavilladeste.com/participants/bmw-r-80-enduro/


Mich würde es sehr freuen, wenn diese Maschine sehr schonend restauriert und in den Zustand von 1980 zurückversetzt würde.

Gruß

Werner

#Boxer#
03.05.2022, 20:45
Super geschrieben! Vielen Dank für deine Mühe %hipp%

#Boxer#
03.05.2022, 20:58
Gibt es eigentlich irgendwo noch die ganzen Filmaufnahmen von Erich Reismüller?

ISDT79
03.05.2022, 21:36
Genau, das hatte ich vergessen :pfeif:

Im BMW Group Archiv gibt es das Video "Avignon", dort sind einige Passagen, leider in schlechter Qualität, zu sehen.
Momentan spielt das Video bei mir leider nicht ab.

Etwas besser ist dieses Video mit der Sequenz von 6:00 - 8:15 min:


https://youtu.be/YnEdbTBvQ60?t=357

Das werden aber sicher nicht alle Aufnahmen sein. Evtl. hat das BMW Group Archiv noch unveröffentlichtes Material...

Gruß

Werner

Florian
03.05.2022, 21:51
Danke für diese (wie von Deiner Seite gewohnt) tiefschürfende und bildgewaltige Dokumentation!
Es gibt kaum ein Posting von Dir, das meinen G(/)S–Horizont nicht erweitert hätte! )(-:

Mit Hochachtung,
Florian

doppelzuendung
04.05.2022, 05:48
Sehr schöner Lesestoff, Danke.
Genannter GS Fahrer Witzel ist wohl mit 89 JJahren noch mit dem Moped (einer aktuellen GS) unterwegs.
Grüße Andreas

Qtreiber66
04.05.2022, 07:00
Hallo Werner,
Deine akribische Arbeit, mit der Du die Historie der G/S ans Tageslicht beförderst, ist grandios. )(-:
Ist mir stets eine große Freude Deine Beiträge zu lesen.

VG
Guido

mqp
04.05.2022, 09:36
Toller Bericht,Werner.
Einiges war bekannt,einiges mir neu.
Gerade diese beiden Modelle haben bei mir vor ca 35 Jahren das Interesse an den bayrischen Geländeboxern entfacht und irgendwie halte ich mich noch immer an diese Vorgaben,z.B. was die Ausstattung der Mopeds angeht, nämlich gar keine.🤣
Gruß Martin

ISDT79
04.05.2022, 11:13
Vielen Dank für die Blumen, freut mich, wenn Neues und Interessantes dabei war für euch.


Genannter GS Fahrer Witzel ist wohl mit 89 JJahren ohne mit dem Moped (einer aktuellen GS) unterwegs.
Du meinst Fritz Witzel Senior, Jahrgang 1932, früher im Versuch bei Fichtel & Sachs tätig und erfolgreicher Rad- und Geländesportler in den 50er/60er Jahren. Ich meinte Fritz Witzel Junior, Jahrgang 1953 und erfolgreicher Moto Cross- und Geländesportler der 70er/80er Jahre und 1979/1980 als BMW-Werksfahrer verpflichtet.


Gerade diese beiden Modelle haben bei mir vor ca 35 Jahren das Interesse an den bayrischen Geländeboxern entfacht und irgendwie halte ich mich noch immer an diese Vorgaben,z.B. was die Ausstattung der Mopeds angeht, nämlich gar keine.🤣
Deiner GS würde so ein roter oder blauer Streifen auch sehr gut stehen, schönes Moped )(-:

Gruß

Werner

senser
04.05.2022, 13:15
Fritz Witzel Junior
der hat in Sonneberg eine Werkstatt und sein Bruder in Schweinfurt
glaub ich

ISDT79
04.05.2022, 17:58
Richtig,

Fritz Witzel jun. = FRIWI Motorcenter in Sonnefeld und
Volker Witzel = Motorrad Witzel in Sennfeld bei Schweinfurt

Gruß

Werner

Strassenkehrer
04.05.2022, 18:32
Tach zusammen,

der Forumsarchivar hat wieder zu geschlagen :applaus:
Kompetent wie immer hat Werner hier eine sehr interessante Geschichte aufbereitet.
Ich habe den Bericht mit sehr großem Vergnügen gelesen.

Danke dafür, Werner, weiter so.

Kairei
04.05.2022, 20:15
Nach der Ecuador-Reise kamen die beiden Maschinen wieder zurück nach München.

Vor einigen Jahren kamen die Fragmente dann wieder zurück zu BMW, sie steht heute im Werksmuseum und wird von Zeit zu Zeit auch wieder gezeigt:

https://www.bimmerarchiv.de/images/9480-493-bmw-r-80-enduro@2x.jpg

https://www.bimmerarchiv.de/images/9481-493-bmw-r-80-enduro@2x.jpg

https://www.bimmerarchiv.de/images/9482-493-bmw-r-80-enduro@2x.jpg
Fotos von hier: https://www.bimmerarchiv.de/foto/galerie-493-concorso-d-eleganza-villa-d-este-2018.html


https://www.concorsodeleganzavilladeste.com/wp-content/uploads/2018/05/ConcorsoDEleganza2018_R80_Enduro-1200x900.jpg
Foto von hier: https://www.concorsodeleganzavilladeste.com/participants/bmw-r-80-enduro/


Mich würde es sehr freuen, wenn diese Maschine sehr schonend restauriert und in den Zustand von 1980 zurückversetzt würde.

Gruß

Werner

Hallo Werner,
danke für diese Zusammenstellung!! Immer wieder schön was neues G/essiges zu lesen.
Was mir hier bei der "umgebauten" Rotweissen auffällt ist der Tacho mit dem /7 Gehäuse.
Ich seh hier am veränderten Getriebeaausgang keine Welle und wie du erwähnt hast war der Tacho Antrieb bei den Ecuadorrahmen ganz "normal" über das Vorderrad gelöst. Da vorne ist sie ja auch erkennbar. Das passt doch so einfach mit einem BMW-Tacho nicht. Da hat sich Herr Rapelius wohl Arbeit gemacht. :D

Gruß

Kai

ISDT79
05.05.2022, 10:51
Sehr gut beobachtet, Kai!

Wie er das gelöst hat, weiß ich leider auch nicht. Evtl. passte es so ungefähr oder er hat ein Angleichgetriebe verwendet oder oder oder ...

@ Strassenkehrer: gern geschehen, hatte ja unverhofft Zeit die letzten Tage :pfeif:

Gruß

Werner

dampfer
05.05.2022, 12:28
Hallo Werner,
wollte mich auch für den sehr informativen Beitrag bedanken. Bin 1981 durch eine G/S „bekehrt“ worden mit der ich 80 Tkm zurücklegte (und der ich heute noch etwas nachtrauer…)
Gruß, Klaus

Munga64
05.05.2022, 14:28
Tach zusammen,

der Forumsarchivar hat wieder zu geschlagen :applaus:
Kompetent wie immer hat Werner hier eine sehr interessante Geschichte aufbereitet.
Ich habe den Bericht mit sehr großem Vergnügen gelesen.

Danke dafür, Werner, weiter so.

@Werner )(-:
@ Ingo :fuenfe:

Grüße
Uwe

ISDT79
20.05.2022, 18:31
Habe noch ein besser aufgelöstes Foto der Roten gefunden :D

https://www.bmwgroup-classic.com/content/dam/grpw/websites/bmwgroup-classic_com/classic-heart/blog/classic-heart_pop-up-layer/2017/BMW-R80/MF-5603-1_2224x1482px.jpg.grp-transform/xxlarge/MF-5603-1_2224x1482px.jpg
Foto von hier: https://www.bmwgroup-classic.com/de/historie/classic-heart/classic-heart-pool/classic-heart/BMW-R80.html

Hier noch der Direktlink: https://www.bmwgroup-classic.com/content/dam/grpw/websites/bmwgroup-classic_com/classic-heart/blog/classic-heart_pop-up-layer/2017/BMW-R80/MF-5603-1_2224x1482px.jpg.grp-transform/xxlarge/MF-5603-1_2224x1482px.jpg

Gruß

Werner

ISDT79
24.03.2023, 21:24
In der neuen Ausgabe #53 der italienischen Zeitschrift aboutBMW werden 2 tolle Ecuador-Replikas vorgestellt, irgendwie erzeugt das gerade einen ziemlichen Haben-Wollen-Reflex bei mir :pfeif:

https://scontent-fra3-1.xx.fbcdn.net/v/t39.30808-6/336397130_3478357392453768_7404248501166310877_n.j pg?_nc_cat=104&ccb=1-7&_nc_sid=730e14&_nc_ohc=DHVzya7KoB0AX-pyLLN&_nc_ht=scontent-fra3-1.xx&oh=00_AfAJx2KQb0TeJLWNNOLc0t9rBV2PsHegVTxVDamONmxl KA&oe=6423E2EE

https://scontent-frt3-2.xx.fbcdn.net/v/t39.30808-6/336459527_537239418478022_7463606846412846223_n.jp g?stp=dst-jpg_s960x960&_nc_cat=100&ccb=1-7&_nc_sid=e3f864&_nc_ohc=aOdry_kHi7oAX-BNqWN&_nc_ht=scontent-frt3-2.xx&oh=00_AfDM0vAbxatE_B1JxloUcb02RQblnHQkE73wVUpwBaJG bg&oe=6422296F

Fotos von hier: https://www.facebook.com/aboutBMWmotorrad/posts/pfbid0LENmmBXgzj82rhnSngzHAUcXo8NJ5YumhKabcT8uKz9Q skmY1wAAtz3XaLgXDH97l?__cft__[0]=AZUIH1ohUdVborvIpHpVlb_Rs7NA5CvT2xmTT4oESrmrjVQs-l2yScFELERpTXCMTTY2x5Akv-VNeEmdS_SCDpYdAM5vnjR3gvT1Cjb5B8FmyPBj64cnCkAkhSkA VYckHfPkb5KJaI9mc7XpsdBAMYdJyZtgQ7EkgiYddbZ5CP0Mpb JUB9rLX2UpypUnQNaAkqwiQ4tX9h7BKJQsbF7lYLqa&__tn__=%2CO%2CP-R

Gruß

Werner

Qtreiber66
25.03.2023, 10:19
In der neuen Ausgabe #53 der italienischen Zeitschrift aboutBMW werden 2 tolle Ecuador-Replikas vorgestellt, irgendwie erzeugt das gerade einen ziemlichen Haben-Wollen-Reflex bei mir :pfeif:

Gruß

Werner

Sicher nicht nur bei Dir, Werner.
WOW :sabber:

VG
Guido

Strassenkehrer
25.03.2023, 13:22
Sicher nicht nur bei Dir, Werner.
WOW :sabber:

VG
Guido

das ist wohl war :sabber:

monopod
25.03.2023, 13:26
das ist wohl war :sabber:

Hmmm. bei mir irgendwie auch.
Ralf

kradventure
09.04.2024, 14:41
Hallo Werner,

ich habe den Thread erst jetzt entdeckt, möchte mich aber trotz der "Verspätung" noch ganz herzlich bei Dir für Deinen akribischen Bericht zu den beiden Ecuador-Prototypen bedanken!
)(-:

Wie Du meinem Avatar entnehmen kannst, fahre ich zumindest mit der Tanklackierung meiner G/S gewissermaßen eine Reminiszenz an diese beiden GS-Urmütter spazieren ;)

ISDT79
09.04.2024, 19:35
Hallo Achim,

freut mich, wenn dir der Bericht gefallen hat. Deine Weiß-Rote ist mir auch schon vor einigen Jahren aufgefallen :applaus:

Hier ein weiteres Beispiel einer GS nach Ecuador-Art (soll aber keine Werbung sein!):

https://www.kleinanzeigen.de/s-anzeige/bmw-r-80-gs/2713526514-305-17626

Gruß

Werner

Florian
09.04.2024, 22:35
Hier ein weiteres Beispiel einer GS nach Ecuador-Art (soll aber keine Werbung sein!):https://www.kleinanzeigen.de/s-anzeige/bmw-r-80-gs/2713526514-305-17626
Stimmiger Umbau, nur bei der Bemessung/Verlegung der Gaszüge war er wohl nicht ganz bei der Sache…
(Oder sollte das eine Reminiszenz an das Original sein, die mir hier gerade entgeht? :D)

Gruß,
Florian

GSle
10.04.2024, 11:53
nur bei der Bemessung/Verlegung der Gaszüge war er wohl nicht ganz bei der Sache…

:D
es heißt ja Gas-ZUG
und nicht Gas-Schleife:lautlachen1: