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  1. #1
    Avatar von Hawaii
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    Tips & Tricks : HAG-Gehäuse / Schwinge: Aus- und Einbau

    Hier ein paar Tips nach meinen bisherigen "try and error" Aus- und Einbauten des Hinterradantriebes (HAG-Gehäuse).
    Maschine; R100GS-PD 1992 , viel Gelände , wenig Putzen....

    *****************************

    Problem: hintere Staubmanschette (Gummibalg) war mal wieder eingerissen.

    Ziel: Austausch der Gummimanschette und dabei auch gleich Revision / Justierung der Nadellager.

    *****************************

    Mich stört, daß hier im Forum enormes Wissen existiert, dies aber so zerstreut ist, daß das Zusammensuchen aus Datenbank und/oder Beiträgen eine gefühlte Ewigkeit dauert.
    Nicht meckern, machen; darum habe ich mal die für mich beste Kombination aus WHB, Forentips und eigener Trickkiste zusammengeschrieben:

    Arbeitsbasis waren das BMW WHB (ab Seite 6.38) und einige Tips hier aus dem Forum.

    #########################

    Zuerst habe ich einen Getränkekasten unter den Schalldämpfer zur Stabilisierung des ganzen Motorrades gelegt.

    Dann das Hinterrad ausgebaut und schräg nach unten am Kofferhalter vorbei herausgezogen.

    Jetzt eben die Bremse aushängen: ein paar mal mit der Messingbürste über das Gewinde geschrubbt und die Flügelmutter geht ganz leicht herunter.

    Mit einem 400°C-Heißluftföhn habe ich die innere Inbusschraube= "Lagerzapfen" erhitzt; mit einer Plastikspritze aus der Klinik alle zehn Sekunden tröpfchenweise Wasser darauf.
    Als dies schnell verkocht, waren die 120° C in etwa erreicht, das alte Loctite damit "weich".


    Inbus dann *nur ein paar Umdrehungen* heraus drehen ("lockern"), dann das gleiche Verfahren auf der Außenseite, wobei sich hier die Kontermutter schon bei moderater Erwärmung leicht löste.
    (Entgegen dem WHB traue ich dem Messingring alleine nicht, und setze darum auch auf der Kontermutter ein ganz wenig Loctite ein; das müsst Ihr aber wahrscheinlich garnicht wegbraten)

    Stop, nun langsam: vor dem Lösen des Federbeines (Mutter wie oben erklärt erhitzen, Gummilager wie im WHB beschrieben vor Hitze schützen) unbedingt schon jetzt die Schwinge gegen ein Durchschlagen nach unten sichern: ich habe das mit einem simplen Strick über die Sitzbank und Seemannsknoten gemacht; auch ein kleiner Spanngurt ist hier alternativ zu empfehlen.
    Ohne diese Maßnahme (und damals ohne WHB, Danke Forum !) habe ich früher mal einen deftigen Schaden am Hauptgetriebeausgang verursacht.

    Das Auge des Federbeines habe ich einfach mit einem Rest Schweißdraht (alternativ: Kabelbinder) nach oben am rechten Kofferträger festgebunden.

    Dann mit dem Seil / Spanngurt nochmal so nachjustieren, daß der hintere Antriebsstrang (Schwinge & HAG-Gehäuse) genau eine gerade Linie bildet; d.h. der Gummibalg ist oben und unten auch nicht mehr eingeknickt.
    Dies wird uns den späteren Einbau sehr erleichtern.

    Jetzt werden die beiden Schellen der Gummimanschette gelöst und die Vorderseite nach hinten gezogen oder alternativ gerollt/umgestülpt.

    Nun muß noch die untere Strebe raus. Da ich faul bin und auch keine Schnur zur Hand hatte, habe ich die Schraube an dem feien Ende wieder locker ´reingesteckt und dann einfach eine große Rohrzange eingehängt : Durch deren Gewicht wurde mir die Strebe schön nach unten weggehalten :]

    Erst jetzt drehe ich die beiden Schrauben der Lagerzapfen ganz heraus; diese Reihenfolge weicht vom WHB ab, aber ich habe damit bessere Erfahrungen gemacht.
    Cave: beim Trennen des HAG-Gehäuses von der Schwinge bereits völlig entlastet arbeiten, sonst leiden die empfindlichen Nadellager.

    Nun läßt sich der ganze Hinterradantrieb butterweich von der Schwinge ziehen.

    Das Getriebeöl hatte ich gerade erst gewechselt und darum drin gelassen; solange die Entlüftung immer oben bleibt: absolut "null problemo".

    Alle Lager und Gelenke wurden gereinigt und dann mit Molykote BR2 nachgefettet; habe bessere Erfahrung damit als mit normalen Fetten, außerdem war´s ja schon drin.
    Das ist, wie gesagt, reine Geschmackssache, mir ist die "dünnflüssigere" Wasserverdrängung wichtiger, als die Temperaturbeständigkeit.
    Bestätigt darin hat mich, wie gut die Lager / Gelenke aussahen, obwohl bereits freies Wasser durch den defekten Balg eingedrungen war.
    ! Molykote nicht mit anderen Fetten mischen !


    Einbau:

    einen Schweißdraht durch beide Lagerzapfenlöcher *und* das Kardangelenk der Antriebswelle führen.
    Nach etlichen Fehlversuchen, auch wie früher mit Schraubenziehern verschiedener Dicke (finde ich mittlerweile ziemlich ungeeignet), der Geistesblitz:

    mit Putzlumpen den Schweißdraht in den Gewinden komplett unterfüttern;
    Kardan steht damit etwas höher, also genau zentriert: die Durchbiegung wird kompensiert, ist aber noch federnd / beweglich und nicht so starr wie mit dem Schraubenzieher.
    Schweißdraht läßt sich sehr leicht und rückstandfrei herausziehen, nachdem die Verzahnung übereinander geflutscht ist und dröselt dabei nicht wie eine Schnur auf.
    Und Schweißdraht ist so dünn, daß er super mitten durch das Kardangelenk geschoben werden kann.

    Damit hat es nach ca. 30 Fehlversuchen sofort geklappt !

    Ääähhm, und danach im übernächsten Versuch sofort wieder (...hatte eine "Kleinigkeit" vergessen, den im vorherigen Frust wieder abgebauten, neuen Gummibalg...)

    Leider habe ich keine Photos davon gemacht.

    Als nächstes beide Lagerbolzen rein, den inneren mit Loctite gleich festziehen, den äußeren unterziehe ich einer Spezialbehandlung:
    unter ständigem Auf- und Abkippen des HAG-Gehäuses gegenüber der Schwinge mit sehr viel Feingefühl den äußeren Lagerbolzen eindrehen, bis ein Widerstand zu spüren ist; dann *ganz leicht* zurückdrehen.
    Alles auf eigene Gefahr, dies weicht deutlich von den 5 bzw 7 NM des WHB ab, aber so habe ich das in der Ausbildung gelernt und die so geschonten Lager danken es. Nachteil: sie müssen halt gelegentlich nachjustiert werden, das fällt bei den WHB-7NM seltener an, dafür sind die Lager aber auch schneller hin.
    Fingerspitzengefühl ist hier alles, Schäden bei fehlerhafter Ausführung (zu locker / zu fest) sehr wahrscheinlich. Wer das noch nie gemacht hat, darum bitte einfach von einem erfahrenen Mechaniker zeigen lassen, oder stur nach WHB schrauben.

    Jetzt untere Strebe rein, wenn keine rohe Gewalt angewendet wurde, steht alles wieder in einer geraden Linie. Und nur so läßt sich der Balg vernünftig befestigen.
    Zuerst die vordere Seite, denn das ist die schwierigere, mit der Schelle festziehen.

    Jetzt weiche ich aus jüngster Erfahrung wieder vom WHB ab:
    die Hinterseite schiebe ich einen cm von der hinteren Begrenzung aus nach vorn.
    Achtung: damit der Balg nicht beim Knicken durch die Schellenschraube beschädigt wird (=Eindrücken in den Balg), muß sich das Schräubchen *seitlich* genau über dem Totpunkt befinden.
    Zur Orientierung: wären wir vorne (wir sind aber hinten!) wäre dort ist ein kleiner Gußgrat zwischen oberer und unterer Schwingenhälfte.
    Vorteil: wenn die hintere Schelle weiter vorne ist, wird der Balg in den Endpositionen oben und unten erheblich weniger gestaucht/gedehnt.
    Vorne ist die Position der Schellen-spann-Schraube weitgehend egal und nur aus optischen Gründen auch auf der Seite.

    Ab hier Einbau umgekehrt wie Ausbau, alles nach Erfahrung und bestem Wissen, aber selbstverständlich ohne jegliche Gewähr.

    Nächstes mal mit Zauberlehrling und Camera

    ###############################

    (für die Forums-Suchfunktion: Hinterachsantrieb, Gummibalg, hinten, wechslen, Schwinge, Nadellager, HRA, HAG ; in dem Bauteil steckt das 90°-Kegelgetriebe zwischen Schwinge und Felge drin)
    Geändert von Hawaii (21.08.2012 um 13:46 Uhr) Grund: Grammatik und eindeutige Terminolgie

  2. #2
    Avatar von Strassenkehrer
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    AW: Tips & Tricks : HAG-Gehäuse / Schwinge: Aus- und Einbau

    Zitat Zitat von Hawaii Beitrag anzeigen
    Nicht meckern, machen; darum habe ich mal die für mich beste Kombination aus WHB, Forentips und eigener Trickkiste zusammengeschrieben:
    Tach Philip,

    genau so ist es

    Wäre es trotzdem möglich, auch ohne Bilder, diese Anleitung der Datenbank zur Verfügung zu stellen. Wende dich doch dazu bitte an unseren Datenbankguru MM (Michael Manzkem).

    Vielen Dank für diese Beschreibung hier, besonders die Such/Schlagworte finde ich klasse.
    Geändert von Strassenkehrer (21.08.2012 um 12:42 Uhr)
    Glück ab!

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  3. #3
    Hallgebender Avatar von northpower
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    AW: Tips & Tricks : HAG-Gehäuse / Schwinge: Aus- und Einbau

    Und ich sach noch, geht ohne Schwinge raus

    Schöne Anleitung, auch ohne Bilder zu verstehen. Man hat ja vor sich, was man sehen will :]
    nordische Grüße, Achim

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  4. #4
    Avatar von Hawaii
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    AW: Tips & Tricks : HAG-Gehäuse / Schwinge: Aus- und Einbau

    Ja klar, gerne ! Als pdf oder doc in die Datenbank, Sinn und Zweck der Sache ist ja, daß die Info zu diesem Thema kompakt abrufbar ist.

    Zitat Zitat von Strassenkehrer Beitrag anzeigen
    Tach Philip,

    genau so ist es

    Wäre es trotzdem möglich, auch ohne Bilder, diese Anleitung der Datenbank zur Verfügung zu stellen. Wende dich doch dazu bitte an unseren Datenbankguru MM (Michael Manzkem).

    Vielen Dank für diese Beschreibung hier, besonders die Such/Schlagworte finde ich klasse.

  5. #5
    Avatar von Hawaii
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    AW: Tips & Tricks : HAG-Gehäuse / Schwinge: Aus- und Einbau

    Zitat Zitat von northpower Beitrag anzeigen
    Und ich sach noch, geht ohne Schwinge raus

    Schöne Anleitung, auch ohne Bilder zu verstehen. Man hat ja vor sich, was man sehen will :]
    Ja, geht super ohne Schwinge ausbauen, und viel schneller !

    habe ich früher auch schon irgenwie rausgefummelt und weider reingewfrickelt,
    aber jetzt mit der Dreierkombi aus WHB, Euren Forentips und eigener Erfahrung ist "ein Schuh draus geworden".
    ...nächstes mal mit Kamera, schade, daß die Photos fehlen.

    Anderseits ist es wahrscheinlich die am wenigsten geputzte Q im ganzen Forum...

  6. #6
    Hallgebender Avatar von northpower
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    AW: Tips & Tricks : HAG-Gehäuse / Schwinge: Aus- und Einbau

    Zitat Zitat von Hawaii Beitrag anzeigen
    Ja, geht super ohne Schwinge ausbauen, und viel schneller !

    habe ich früher auch schon irgenwie rausgefummelt und weider reingewfrickelt,
    aber jetzt mit der Dreierkombi aus WHB, Euren Forentips und eigener Erfahrung ist "ein Schuh draus geworden".
    ...nächstes mal mit Kamera, schade, daß die Photos fehlen.

    Anderseits ist es wahrscheinlich die am wenigsten geputzte Q im ganzen Forum...
    Aaha, deswegen keine Bildchen
    nordische Grüße, Achim

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  7. #7
    Avatar von Hawaii
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    AW: Tips & Tricks : HAG-Gehäuse / Schwinge: Aus- und Einbau

    Zitat Zitat von northpower Beitrag anzeigen
    Aaha, deswegen keine Bildchen

    erwischt , das war wirklich der Hauptgrund die Kamera garnicht erst in die Werkstatt mit runter zu nehmen.

  8. #8
    Avatar von Strassenkehrer
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    AW: Tips & Tricks : HAG-Gehäuse / Schwinge: Aus- und Einbau

    Zitat Zitat von Hawaii Beitrag anzeigen
    Ja klar, gerne ! Als pdf oder doc in die Datenbank, Sinn und Zweck der Sache ist ja, daß die Info zu diesem Thema kompakt abrufbar ist.
    Tach Philip,

    ich denke als PDF, schick es einfach an MM, der wird dir weiter helfen.
    Geändert von Strassenkehrer (21.08.2012 um 17:51 Uhr)
    Glück ab!

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