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Thema: Optimierte Seitenwagenbremse
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27.01.2018, 20:50 #1
Optimierte Seitenwagenbremse
Moin,
im vergangenen Winter habe ich an unserem Gespann einen Umbau der Seitenwagenbremse vorgenommen, der dann im letzten Frühjahr auch vom TÜV-abgenommenen wurde.
Achtung, jetzt kommt eine etwas längere Einleitung.
Bei der Konfiguration unseres Gespannes war klar, das Ganze geht nicht ohne eine Bremse am Seitenwagen. Mit dem Gespannbauer unseres Vertrauens haben wir uns dann –damals leider gegen seinen eindringlichen Rat- aus Kostengründen für nur einen Bremssattel am Seitenwagen entschieden, und diesen mit der Vorderradbremse unserer R100R verbinden lassen. Das funktionierte dann auch recht zufriedenstellend, bis ich in einer eigentlich alltäglichen Situation plötzlich und heftig abbremsen musste. Das Gespann schob eindeutig nach links in Richtung Gegenverkehr. Das ging ja gar nicht!
Ich fing an, mir eine Aufrüstung der Seitenwagenbremse durch den Kopf gehen zu lassen. Ich wollte einen zweiten Bremssattel am Seitenwagen, kombiniert mit der Hinterradbremse. Nur… hinten war ja an der R100R die mechanisch angesteuerte Trommelbremse, und ein zweiter Fußbremshebel kam für mich nicht in Frage. Also lief es auf einen Komplettumbau hinaus, der auch den Umbau der Hinterradbremse von Trommel auf Scheibe beinhaltete. Ich habe dann nach und nach die Teile dafür zusammen getragen, was den angepeilten Kostenrahmen deutlich in die Höhe trieb. Kostensenkend wiederum war, daß ich damals am Seitenwagen zumindest schon die entsprechenden Aufnahmen für einen zweiten Bremssattel habe anbringen lassen, und daß ich auf viele gute gebrauchte Teile zurückgegriffen habe.
Der Umbau von Trommel auf Scheibe am Hinterrad der R100R ist ja im Netz schon hinlänglich beschrieben. Nur leider, wenn man es nachmachen will findet man heraus, dass es zu vielen Details an Informationen oder gar Teilenummern mangelt. Auch mein Gespannbauer, der diesen Umbau schon gemacht hat, hielt sich auf Nachfrage ziemlich bedeckt, Zitat: „nimm den HAG-Gehäusedeckel der ersten K100, den mit den kleinen Löchern…“ Wer schreibt so was schon in eine Verkaufsanzeige? Teile- oder Bestellnummern hat er mir auch nicht verraten wollen, ich kann mir gar nicht vorstellen, warum nicht Derartige Aussagen haben mich nicht sehr weit nach vorne gebracht. Also hieß es selbst Teilekataloge wälzen, und nach den mutmaßlich passenden Teilen suchen. Nebenbei habe ich auch noch nach einer Lösung gesucht, den von mir so ungeliebten „Off-Road-schlabber-Blech-Bremshebel“ los zu werden (unmögliches Ding das). Ich bin fündig geworden
Wie eingangs geschrieben ist der Umbau vollbracht, TÜV-abgenommen vom AaS meines Vertrauens, und hat die erste Saison im Fahrbetrieb hinter sich. Nach einigen Tausend Kilometern bin ich sehr zufrieden mit dem erreichten Ergebnis. Nur ein Beispiel, bei einer ungeplanten „Panikbremsung“ vor ein paar Tagen aus ca. 70-80Km/H runter bis zum Stillstand ist das Gespann stur in der Spur geblieben. Der uns auf unserer Fahrspur entgegenkommende Mrglprmpf in seiner Dose hat uns nicht erwischt, und im Straßengraben sind wir auch nicht gelandet
Wenn jetzt noch jemand die langwierige Einführung durchgehalten hat, hier ist mein Umbaubericht. Und weil ich es weiter oben negativ angemerkt hatte, habe ich zu einigen der von mir verbauten Teile die BMW-Teilenummern dazugeschrieben.
Die Ausgangssituation am Motorrad: Der ungeliebte „Off-Road-schlabber-Blech-Bremshebel“ der R100R, Serienmäßig für das Trommelgebremste Hinterrad.
Der viel schönere Bremshebel einer BMW K100LT (BMW-Teilenummer 35121450887) für Scheibengebremstes Hinterrad (brauchte nur eine passende Lagerbuchse für den Aufnahmebolzen) mit BREMBO-Bremszylinder Ø13mm (BMW-Teilenummer 34312314726), montiert auf einer Stahlplatte S235 T=6mm (meine Konstruktion). Hier überlege ich, ob ich noch auf einen Kolbendurchmesser von 15mm oder 16mm ändere, kommt Zeit….kommt passender Zylinder.
Der Aufbau auf der Werkbank (Die Platte sieht von schräg oben krumm aus, sie ist aber definitiv gerade!!!)
Bremsflüssigkeitsausgleichsbehälter (BMW-Teilenummer 34312314082)
BREMBO-Bremszylinder mit hydraulischem Bremslichtschalter und Stahlflex Bremsleitungen zum Hinterrad und zum Seitenrad.
BREMBO-Bremszange einer BMW R850R Ø26/28mm (BMW-Teilenummer 34212333165) auf HAG-Gehäusedeckel einer BMW K100LT (BMW-Teilenummer 33111450882) mit Bremsscheibe Ø276mm TRW Lucas MST331 (BMW-Teilenummer 34212314151). Das 15“ Hinterrad ist aufgebaut auf der Radnabe einer BMW R1100GS (BMW-Teilenummer 36312320008) mit Alufelge San Remo – Auto 3,50 x 15, und 40 VA-Speichen.
Seitenradaufnahme; Radlager- und Bremsscheibeneinheit; Distanzring; Bremssattelträger für zwei BREMBO-Bremszangen Typ P32F. Wer genau hinsieht, kann vielleicht eine Zentralverschluss-Radaufnahme aus Great-Britain erkennen.
Bremssattelträger mit Zuganker, montiert an Seitenwagenschwinge.
Radaufnahme Seitenrad komplett mit Bremse. Die vordere Bremszange wird von der Handbremse angesteuert (keine Systemänderung vorgenommen), die obere Bremszange wird vom Fußbremshebel angesteuert (Bestandteil der Änderung).
Aufbau der Bremseinheit am Seitenwagen von links, auch hier ist ein Teil aus Britanien verbaut, ein 15“-Rad das normalerweise Austin-Healey Fahrzeuge ziert.
Und hier noch das amtliche Endergebnis der erreichten Bremsleistungen am Prüftag Ein noch besseres Ergebnis wäre nur mit mehr Grip auf dem Prüfgelände zu erreichen gewesen, so hat es an allen drei Reifen dann aber bei diversen Bremsmanövern ordentlich Gummi gekostet.
Der Herr Inschinör saß mit seinem Schlepptop zur Erfassung der negativen Beschleunigung die ganze Zeit todesmutig neben mir im Seitenwagen, und wollte immer noch eine Bremsung. Ich vermute, es hat ihm Spaß gemacht
Neben dem schon erwähnten größeren Hinterradbremszylinder geht mir noch eine Bremskraftverteilung mittels Tilton-Ventil für eine Belastungsabhängige Einstellung zwischen Hinterrad und Seitenrad durch den Kopf, eventuell auch ein Umbau auf ein Integralsystem bei dem alle drei Räder mit einem Hebel bedient werden, aber das wäre jetzt eine neue Baustelle.Geändert von jörg.807 (04.02.2018 um 12:28 Uhr) Grund: Tippfehler Typenbezeichnung Hinterradnabe
Gruß aus der niedersächsischen Elbtalaue,
Jörg
Und wenn mir der Geduldsfaden gerissen ist... dann mache ich mit Langmut weiter.
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27.01.2018, 22:27 #2
AW: Optimierte Seitenwagenbremse
Sauber Jörg !
Auch wenn es bei deinem Gespann ziemlich spezifisch ist, wäre die Ausführung und der Bericht was für die Datenbank
Gruß WolfgangBis 7.11.2014 hier als 2 Zylinder sind genug ! unterwegs gewesen
Et hätt noch immer jot jejange !
VV-BMW R100S, BMW R100, Kalich R60/7 Gespann
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28.01.2018, 08:54 #3
AW: Optimierte Seitenwagenbremse
Da hast du dir viel Arbeit gemacht.
Gruß Hubert
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28.01.2018, 14:17 #4
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AW: Optimierte Seitenwagenbremse
Ich gratuliere zu diesem nicht unaufwendigen Umbau! Danke auch für die detaillierte Dokumentation.
Die alte Schwierigkeit, einen guten Kompromiss zwischen dem Bremsverhalten bei unbeladenem und beladenem Seitenwagen zu finden, treibt uns alle immer wieder in den Wahnsinn...
Mal werden radikale Umbaulösungen ausprobiert, mal arbeitet man sich in kleinsten Schritten an spürbare Verbesserungen heran. Werden gleichzeitig mehrere Parameter geändert (z.B. Reifenbreite, Reifenmarke, Reifentyp, Bremsbelagmarke, -größe, Belagmaterial sinter oder organisch, Scheibentyp und -durchmesser, dann verliert man schnell den Überblick.
Zur Ehrenrettung des originalen Bremshebels möchte ich anbringen, dass er weder aus Blech, noch schlabberig ist. Dein neuer sieht einfach schöner aus!
Ich weiß zwar nicht, welchen Kolbendurchmesser die Seitenwagenzangen und die Hinterradbremszange bei dir haben, aber ein 13mm HBZ ist bei einer R 100 GS Vorderradzange vollauf mit einer Scheibe beschäftigt (bei 48mm Kolbendurchmesser)!
Bei meinem Gespann sind Originalzange und 1 SW-Zange (05er Brembo-Scooter-Zange in Gold) zusammen mit einem 15er HBZ am Handhebel angesteuert. Ich fahre auf allen Rädern aber 145/65er Smartreifen, das ergibt natürlich ein anderes Bremsverhalten als bei deinen 135er Reifen.
Da die Seitenradbremse bei leerem SW manchmal zum Überbremsen neigte, habe ich mit den Belägen experimentiert und bin nun bei einem etwas schmäler tragenden Brenta-Belag gelandet, der sich sehr gut macht.
Ich bin der Meinung, dass es außer der besseren Kombinierbarkeit der Bremskreise keinen Grund gibt, die Trommelbremse hinten rauszuwerfen. Ich bin jederzeit in der Lage, diese ohne Gewalt zum Blockieren zu bringen, und damit ist die max. mögliche Bremswirkung dann bereits überschritten und nahezu auf Null. Außerdem ist es leichter, die Parkbremse zu realisieren, die hier in Österreich nicht hydraulisch ausgelegt sein darf...
Alles Gute,
Jan
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28.01.2018, 15:44 #5
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AW: Optimierte Seitenwagenbremse
Hallo Jörg,
warum willst Du auf einen durchmessergrößeren Fusshauptbremszylinder umrüsten?
Ist Dir mir dem 13er der Hebelweg zu lang?
Ein Sprung auf 15 oder gar 16 mm ist nicht von Pappe, da ja der Durchmesser zum Quadrat in die hydraulische Übersetzung eingeht.
Bei 15 würde die - für gleiche Bremswirkung -erforderliche Fußkraft um den Faktor 1,33, bei 16 sogar um 1,51 anwachsen.
VG Werner
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28.01.2018, 15:55 #6
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28.01.2018, 17:19 #7
AW: Optimierte Seitenwagenbremse
Ja, das war tatsächlich eine Menge Arbeit, und da es nicht eins zu eins auf andere Fahrzeuge übertragbar ist, auch sehr speziell. Aber zum Einen war da die selbst gestellte Herausforderung, und zum Anderen der unbedingte Wille eine Verbesserung zu erzielen. Und als die ersten Euros ausgegeben waren, von da an gab es eh kein Zurück mehr.
@Jan, ich sehe auch die grundsätzliche Problematik in der Asymmetrie unserer Dreiräder. Wenn man an einer Stelle ändert, zieht sich ein Rattenschwanz von notwendigen weiteren Änderungen durch das ganze Gespann.
Meine lästerlichen Äusserungen bezüglich des serienmäßigen Bremshebels der Paralever bitte ich nicht auf die Goldwaage zu legen, sie beruhen hauptsächlich auf meiner ganz persönlichen Animosität. Tatsächlich sehe ich bei einem offroad-Motorrad (und da kommt der Hebel ja her) auch die Vorteile dieser Konstruktion, denn wenn mein neuer Hebel aufgrund von z.B. Bodenkontakt verböge oder gar abbräche, könnte der Serienhebel vermutlich noch mit wenig Aufwand im Gelände für die Weiterfahrt gerichtet werden.
Nochmal zur Bremse allgemein, ich sehe die Trommel als solche hinten auch nicht überfordert, nur wollte ich eben ein vergleichsweise einfach aufgebautes System. An meinem Gespann sieht es jetzt so aus, daß nach meinem Empfinden bei einer Gewaltbremsung mit allem was geht, die Hinterradbremse als erste blockiert. Noch nicht das Optimum, ich weiß, aber deshalb auch die Überlegung in Richtung eines einstellbaren Bremskraftverteilers. Hier ist sicherlich auch immer der aktuelle Beladungszustand in Betracht zu ziehen. Ich fahre höchst selten ohne Passagier im Seitenwagen.
Da eine Parkbremse hier nicht vorgeschrieben ist, und somit dafür auch keine besonderen Regularien einzuhalten sind (außer natürlich den generellen wie Verkehrssicherheit und Betriebssicherheit..), habe ich auch dafür eine -allerdings noch sehr vage- Idee für einen späteren Umbau.
@Werner, nein, der Hebelweg ist mir nicht zu lang. Den Wechsel auf einen etwas größeren Fusshauptbremszylinder habe ich als eine mögliche Option ohne zwingende Erfordernis im Hinterkopf, einfach um es mal auszuprobieren und zu erfahren, wie sich das in der Praxis macht. Die mathematische Betrachtung ist tatsächlich nicht von der Hand zu weisen. Muss ich wohl noch ein par mal drüber schlafen.Gruß aus der niedersächsischen Elbtalaue,
Jörg
Und wenn mir der Geduldsfaden gerissen ist... dann mache ich mit Langmut weiter.
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28.01.2018, 18:22 #8
AW: Optimierte Seitenwagenbremse
Jörg,
wenn das Dokument deiner Intention entspricht, schicke ich es dir per Mail zum Einstellen in die DB.Gruß
Michael
Ich danke allen, die zur Sache nichts zu sagen hatten und trotzdem geschwiegen haben.
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28.01.2018, 18:33 #9
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AW: Optimierte Seitenwagenbremse
Hallo Jörg,
dass die Hinterradbremse bei einer Vollbremsung mit besetztem Seitenwagen als erste blockiert ist doch völlig normal und schlicht der Physik geschuldet; und damit konstruktiv auch nicht weg zu bekommen.
Bei diesem Fahrmanöver ist die Kippachse die Verbindungslinie zwischen Vorder- und Seitenwagenrad. Dazu gibt's beim Bremsen eine "scheinbare" Schwerpunktverschiebung nach vorne. Beides sorgt dafür, dass das Vorderrad zusätzlich belastet wird; in vergleichbarem Maß wird das Hinterrad entlastet während die Veränderung beim Seitenwagenrad vernachlässigbar klein ist. Durch den erhöhten Anpressdruck ist die Blockiergrenze vorn spät und die übertragbare Bremskraft groß; hinten entsprechend genau umgekehrt. Nur deshalb macht's ja auch Sinn bei (fast) allen Fahrzeugen vorn deutlich leistungfähigere Bremsen zu verbauen als hinten.
Wenn der Hebelweg am Bremspedal für Dein Gefühl i.O. ist würde ich alles so lassen wie es ist. Warum willst Du ohne Not ein gut funktionierendes System verschlimmbessern?
Gruß Werner
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28.01.2018, 19:13 #10
Unterlegscheiben 34111232417
08.06.2024, 09:10 in Mechanik