Da muss ich dir Recht geben. Deren Literatur hat sicher auch Schwächen, ist aber anderen in Hinsicht Anschaulichkeit und Verständnis klar überlegen. :fuenfe:

Zum Thema Wuchtgrad: m. W. arbeitet man in der Praxis je nach Motortyp mit Werten zwischen 10 und 60%.
Da der Boxer beim Zweizylinder-Viertakter wie schon erwähnt die optimale Konstruktion bzgl. störender Vibrationen ist, sind Abweichungen von den bewährten 50% eher nachteilig.
Unsere KW ist für den 750er Serienhubraum optimiert.
Will man bei größerem Hubraum optimieren, ist es am sinnvollsten, leichtere Kolben zu verwenden.
Und dann auf den Prüfstand zu gehen.
 
Vor vielen Jahre ist bei meine erste R100 die Kurbelwelle komplett mit Schwungmasse und Kupplung ausgewuchtet.
Ins besondere die Kupplungsteile können Ursache von Unwucht sein.



Paul
 
Ich zitiere mich mal selbst:

"Die Momente, die von den rotierenden Massen erzeugt werden, kann man beim Boxer durch Gegengewichte an der Kurbelwelle zu 100% ausgleichen.

Zusätzlich kann das Moment, das durch die oszillierenden Massen erzeugt wird, beeinflusst werden. Das Moment dieser Gegengewichte wirkt sowohl um die Hoch- als auch um die Querachse des Motors. Blöderweise sind die Momente um die Querachse umso höher, je besser jene um die Hochachse ausgeglichen werden (Wuchtfaktor z.B. 10%) – und umgekehrt (Wuchtfaktor z.B. 90%).*

Also liegt eine sinnvolle Lösung in der Mitte. Man würde annehmen bei 50%, aber BMW und auch Herr Apfelbeck haben herausgefunden, daß 30% Wuchtfaktor für das Schwingungsverhalten des 2-Zylinder-Boxers ideal sind; hier spielt auch noch die Motoraufhängung und Bauart des Rahmens eine Rolle, der die Schwingungen des Motors ja aufnimmt.

Helmut Heusler schreibt im MO-Sonderheft 25 sinngemäß, daß die Wuchtung der Kurbelwellen (R45/R65 mal außer Acht gelassen) für alle Hubräume identisch sei, aber durch die unterschiedlichen Kolbengewichte die idealen 30% Wuchtfaktor (WF) nur mit den Kolben der 750er/800er-Motoren erreicht würden. (1000er: 25% WF, 600er: 37% WF).

Gruß,
Florian

*Diesem Dilemma kann man nur entgehen, indem man dem Boxer Ausgleichswellen verpasst. Dieser Weg wurde dann ja auch beim 4-Ventiler beschritten."

Der ganze Thread, aus dem obiges Zitat stammt, ist interessant; ebenso wie die anderen, die man findet, indem man "Wuchtfaktor" in die Suche eingibt.
 
Na denn werd ich mir den "Apfelbeck" mal kaufen - scheint ja erforderlich zu sein, wenn man tiefer in die Materie eintauchen will.

Bernd
 
...indem man dem Boxer Ausgleichswellen verpasst. Dieser Weg wurde dann ja auch beim 4-Ventiler beschritten

Hallo,

weiss jemand warum BMW (bis jetzt) keinen -Inline Boxer- gebaut hat? Ich finde diese Konstruktion faszinierend. Bei 1200ccm oder mehr und einem Kolbendurchmesser von 100+X mm müsste das doch realisierbar sein, mit 3 Pleuel. Wahrscheinlich liegt's am Geld, einfach zu teuer.

gruss peter
 
Zuletzt bearbeitet:
Wieviel von den ca. 550-590 gr. des 247er Serienpleuels werden anteilig als Anteil Hin-Her, translatorisch gerechnet und dem Kolbengewicht zugeschlagen?
Oder geht es ans Selber-wiegen?
 
Du wiegst das Pleuel ein mal mittig unter dem KW-Lager und ein mal mittig unter dem Pleuelauge.
Ersteres ist der rotierende, das andere der oszillierende Teil.
Das ist zwar technisch auch nur eine Näherung, aber die best mögliche in der Praxis.

Pleuel%20auswiegen%20Erbs%2015.2.16.JPG
 
Ich zitiere mich mal selbst:

"Die Momente, die von den rotierenden Massen erzeugt werden, kann man beim Boxer durch Gegengewichte an der Kurbelwelle zu 100% ausgleichen.

Zusätzlich kann das Moment, das durch die oszillierenden Massen erzeugt wird, beeinflusst werden. Das Moment dieser Gegengewichte wirkt sowohl um die Hoch- als auch um die Querachse des Motors. Blöderweise sind die Momente um die Querachse umso höher, je besser jene um die Hochachse ausgeglichen werden (Wuchtfaktor z.B. 10%) – und umgekehrt (Wuchtfaktor z.B. 90%).*

Also liegt eine sinnvolle Lösung in der Mitte. Man würde annehmen bei 50%, aber BMW und auch Herr Apfelbeck haben herausgefunden, daß 30% Wuchtfaktor für das Schwingungsverhalten des 2-Zylinder-Boxers ideal sind; hier spielt auch noch die Motoraufhängung und Bauart des Rahmens eine Rolle, der die Schwingungen des Motors ja aufnimmt.

Helmut Heusler schreibt im MO-Sonderheft 25 sinngemäß, daß die Wuchtung der Kurbelwellen (R45/R65 mal außer Acht gelassen) für alle Hubräume identisch sei, aber durch die unterschiedlichen Kolbengewichte die idealen 30% Wuchtfaktor (WF) nur mit den Kolben der 750er/800er-Motoren erreicht würden. (1000er: 25% WF, 600er: 37% WF).

Gruß,
Florian

*Diesem Dilemma kann man nur entgehen, indem man dem Boxer Ausgleichswellen verpasst. Dieser Weg wurde dann ja auch beim 4-Ventiler beschritten."

Der ganze Thread, aus dem obiges Zitat stammt, ist interessant; ebenso wie die anderen, die man findet, indem man "Wuchtfaktor" in die Suche eingibt.

Hallo, Florian,
dieser Thread ist ja nun schon etwas älter, das Thema Massenausgleich aber immer wieder interessant.
In der vierten Auflage meines Buches habe ich deshalb die komplette Thematik aufgegriffen und ab Seite 86 vom Einzylinder abgeleitet die freien Massenkräfte und -momente eines Boxermotors - auch im Vergleich zu anderen Motorkonzepten hergeleitet.
Auch der handwerkliche Teil des Kolben- und Pleuelauswiegens wird in diesem Kapitel ausführlich beschrieben. Das kann man beim Zweiventiler durchaus selbst machen - bisweilen findet man Motoren mit deutlich unterschiedlichen Pleuelgewichten, die man dann selbst korrigieren kann.
Ich hoffe, damit die vielen Halb- und Unwahrheiten zu diesem nicht ganz einfachen Thema verständlich dargestellt zu haben.
Interessant fand ich die Vermutung, dass zwischen Fahrwerk- und Motorschwingungen ein Zusammenhang bestehen könnte. Diese Vermutung kann man klar widerlegen. Motorische Schwingungen sind ab etwa 30Hz aufwärts relevant, Fahrwerksschwingungen dagegen immer im Bereich unter etwa 10Hz angesiedelt.

Gruß
Helmut
 
Dass der Motor keine Fahrwerksunruhe anregt, glaube ich gern. Es sei denn, dass er schlagartig festgeht ;) dann wird's unruhig.

Ich erninnere mich jedoch an eine Fahrt mit Karl Reese, wo wir stundenlang über Wuchtfaktoren (beim Einzylinder) gesprochen haben. Auf der Fahrt erzählte er, dass bei Triumph in den fünfzigern ein neues Fahrwerk für einen bis dato harmonisch laufenden Motor erprobt wurde. Das hat gar nicht funktioniert, weil die neue Motoraufhängung eine andere Eigen-Frequenz hatte als beim alten Rahmen, da hat der Motor unglaublich geschüttelt. Beides, Rahmen und Motor wurden geändert, bevor das in Serie ging.
 
Hallo Helmut,

meiner Aussage damals lag die Überlegung zugrunde, dass (Gedankenexperiment) der gleiche Motor mittragend in einem steifen Alu-Brückenrahmen verschraubt sich auf die Schwingungen des Gesamtsystems anders auswirkt, als wenn er nicht mittragend in (relativ elastischen) Rahmenschleifen aufgehängt ist.

Ist das ein Trugschluss?

Gruß,
Florian
 
Dass der Motor keine Fahrwerksunruhe anregt, glaube ich gern. Es sei denn, dass er schlagartig festgeht ;) dann wird's unruhig.

Ich erninnere mich jedoch an eine Fahrt mit Karl Reese, wo wir stundenlang über Wuchtfaktoren (beim Einzylinder) gesprochen haben. Auf der Fahrt erzählte er, dass bei Triumph in den fünfzigern ein neues Fahrwerk für einen bis dato harmonisch laufenden Motor erprobt wurde. Das hat gar nicht funktioniert, weil die neue Motoraufhängung eine andere Eigen-Frequenz hatte als beim alten Rahmen, da hat der Motor unglaublich geschüttelt. Beides, Rahmen und Motor wurden geändert, bevor das in Serie ging.


Hallo, Thomas,

natürlich hat der Rahmen mit der Motoraufhängung und ihrer Steifigkeit in den drei Raumrichtungen (vertikal, quer und längs zur Fahrtrichtung) einen erheblichen Einfluß auf die Übertragung der freien Massenkräfte und -momente auf das gesamte Motorrad. Diesen Umstand hat sich ja Norton mit der Isolastic und heute Harley mit der Lagerung des Motors in Silentblöcken sehr intelligent zu Nutze gemacht. Besonders ausgefeilt ist das bei Automotoren, weil da mehr Platz für voluminöse Motorlager vorhanden ist. Die Motorlagerung wird in all diesen Fällen in den Raumrichtungen gezielt weich gestaltet, in denen der Motor freie Masssenkräfte und -momente in den Rahmen schickt.
Aber wir reden bei solchen Anregungen über Frequenzen über 30Hz, während die typischen Fahrwerksprobleme wie Flattern, Pendeln oder Lenkerschlagen auf Ferquenzen unter 10Hz beschränkt sind.

Gruß
Helmut
 
Erstmal danke an Michael für die Wiege-Erklärung.

Dass die Wiegung von Pleuel-Kolbenbolzenauge und Kurbelwellenauge nicht ganz exakt der Aufteilerei entsprechen wird, diesen Verdacht hegte ich auch: Dem kommt man nur bei, wenn man mit Finite-Element-Methodik ein Pleuel zerlegt. Ein FEM-Rechner kann das finite Element überall mit seiner individuellen Masse auf Längs-Anteil und Rotations-Anteil bewerten.

Leider habe ich sowas nicht.

Da gibt es noch gute Ideen und Konzepte.
Verstellbare Verdichtung.
Teilbaren Motor // zwei Motoren seriell
Elektrische Ventile.
Wasserstoff und Langketten nach Fischer-Tropsch etc.
...

Jedenfalls ist der Hubkolbenmotor noch lange nicht finito.
Das allenthalben diskreditierte Ding wird noch gebraucht.
Steht für mich fest.
 
Dass die Wiegung von Pleuel-Kolbenbolzenauge und Kurbelwellenauge nicht ganz exakt der Aufteilerei entsprechen wird, diesen Verdacht hegte ich auch: Dem kommt man nur bei, wenn man mit Finite-Element-Methodik ein Pleuel zerlegt. Ein FEM-Rechner kann das finite Element überall mit seiner individuellen Masse auf Längs-Anteil und Rotations-Anteil bewerten.

Leider habe ich sowas nicht.

Hallo Bernd!

Sei unbesorgt, soetwas brauchst du auch nicht - das einfache Zweimassenmodell, also die Aufteilung in rein rotierende bzw. oszillierende Masse, erzeugt exakt dieselben Kräfte wie das reale System Kolben/Pleuel (und ist deshalb perfekt geeignet zur Bestimmung der nötigen Ausgleichsmassen).
Die FEM würde dir genau dasselbe Ergebnis liefern (im Rahmen ihrer Genauigkeit), die damit verbundene Arbeit kannst du dir also getrost sparen!

Viele Grüße und viel Erfolg!
Sven