Ich stelle dieser Buchbesprechung der 4. Auflage
meine Gedanken zur 1. Auflage voran, für alle, die dieses Buch noch nicht in ihren Händen hatten.
Im weiteren soll es um die Unterschiede zwischen 3. und 4. Auflage gehen, als Entscheidungshilfe für alle, die trotz Besitz einer älteren Ausgabe den Kauf der jetzt überarbeiteten Version erwägen.
Neues Kapitel: 50 Jahre BMW /5 – wie die Zweiventilbaureihe entstand
Eine 13–seitige, reich und interessant bebilderte Übersicht der Entwicklungsgeschichte der 2-Ventiler mit Fokus auf der /5–Ahnin, die über /6 und /7 bis zu den Mono– und Paralevermodellen reicht. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der G/S, die neben der /5 als zweite Lebensretterin des Motorradbaus bei BMW gewürdigt wird.
Interessant, daß alle Modelle im Spiegel ihrer zeitgenössischen Konkurrenz von der Guzzi V7 bis zur Honda XLV 750 betrachtet und bewertet werden. Insbesondere die Langzeitqualität (26 Jahre Bauzeit) der im Wesentlichen unveränderten Konstruktion wird herausgestellt.
Für den, der alle Fachartikel zum kürzlichen Doppeljubiläum 50 Jahre /5 und 40 Jahre G/S inhaliert hat und auch Band 1 und 2 der Boxer–Reihe aus dem Bodensteiner Verlag im Regal hat, sind hier keine wesentlichen Neuigkeiten zu erwarten. Für den, der die 2–Ventiler–Historie nur am Rande gestreift hat, eine schöne, kompakte Übersicht.
Neue Unterkapitel im Motor–Abschnitt: Ersatz von Kolben und Zylinder, Abstimmung der Motoren
Hier wird auf die Möglichkeit eingegangen, auf moderne Kolben (Wössner) oder komplette Kits (Siebenrock) umzurüsten, auch die Ölkohle–Problematik des BigBore–Kits wird besprochen.
Die Notwendigkeit einer neuen Vergaserabstimmung bei Hubraumsteigerungen, ebenso bei anderen Nockenwellen und/oder Auspuffanlagen wird erläutert, nebst Verweis auf die Kapitel des Buchs, in denen diese Thematik jeweils ausführlich behandelt wird.
Neues Unterkapitel im Motor–Abschnitt: Vergaser in Schuss halten
Über 4 Seiten geht es hier um die Ultraschall–Reinigung von Vergasern. Neben Tipps zur Auswahl von Gerät und Reinigungsflüssigkeit findet auch der Redb@ron Vergaserservice („aus dem BMW 2–Ventilerforum bekannt”) Erwähnung, für alle diejenigen, die diese Arbeit lieber fremdvergeben.
Erweitertes Unterkapitel im Elektrik–Abschnitt: Optimierte Zündanlage
Neben einigen zusätzlichen Informationen zu den verschiedenen Geber–Varianten der Ignitech–Zündung und deren Einbau (sowie der Erwähnung von Walter/Euklid55 als Bezugsquelle) nebst Hinweisen zur Auswahl der Zündspule

finden sich zusätzliche Empfehlungen zur Grundeinstellung der Ignitech.
Neu ist der Abschnitt „Ignitech als Kenn
linienzündung”. Hier geht es um die theoretischen Grundlagen der Frühverstellung und deren Limitierung durch die mechanische Verstellung der Serienanlage. Der Autor bildet je eine Kurve für Einfach– und Doppelzündung ab, die er selbst an seinen 2–Ventilern „herausoptimiert” hat und erläutert und begründet die Abweichungen zum Serienstand.
Deutlich erweitert sind die Abschnitte „Ignitech als Kenn
feldzündung” und „Bedatung der Zündkennfelder”. In ihnen geht es um eine zusätzliche Informationsquelle für die Zündanlage, nämlich den Lastzustand des Motors, ermittelt über einen Sensor aus dem Saugrohr(unter)druck.
Mit den Daten aus Drehzahl und Lastzustand kann die Ignitech jetzt ein dreidimensionales Kennfeld abfahren, was eine noch idealere Steuerung des Zündzeitpunktes erlaubt.
Der Erstellung („Bedatung”) dieses Kennfelds ist in der neuen Ausgabe deutlich mehr Raum gewidmet und sie fällt entsprechend detaillierter aus, inclusive zweier Kennfelder, jeweils eines für Einfach– und Doppelzündung, die der Autor an seinen BMWs als Optimalabstimmung ermittelt hat. Sie liegen einerseits als Screenshots der Ignitech-Software im Buch vor, andererseits können sie auch als fertig importierbare Datei von den Seiten des Bodensteiner Verlags heruntergeladen werden.
H. Heusler bietet an, diese Kennfelder als Ausgangsbasis für die eigene Erstellung zu verwenden, damit man nicht mit einem leeren Kennfeld anfangen muß. Hierzu ist auch detailliert aufgelistet, in welchem Status sich die Motoren befanden, mit denen sie ermittelt wurden (Verdichtung, Vergaserquerschnitt, Nockenwelle, bevorzugte Oktanzahl und natürlich Einzel– oder Doppelzündung): ein echter Mehrwert!
Es hat mich etwas überrascht, daß der hier im Forum oft beschriebene Ausgleichsbehälter zur Glättung der Unterdruckspitzen zwischen Saugrohr und Sensor keine Erwähnung findet. Das ist Ausdruck des Erstaunens, keine fachliche Kritik, weil ich es selbst schlicht nicht beurteilen kann.
Erweitertes Unterkapitel im Elektrik–Abschnitt: Lichtmaschine und Regler
Hier sind zwei Absätze zu den späten 240 W-Lichtmaschinen hinzugekommen, die in der 3. Auflage noch unerwähnt blieben.
Erweitertes Kapitel: Fahrwerk
Hinzugekommen ist ein Unterkapitel zur Optimierung der 38,5 mm Gabel, das die Optimierung der Gabel durch HH Racetech sowie das Vertauschen der Tauchrohre (Bremssättel nach hinten) beinhaltet.
Ebenfalls neu ist das Unterkapitel „Optimierung der 41,5 mm Showa Gabel”, das auf die Kartuscheneinsätze der Fa. Sport-Evolution verweist und bemerkt, daß hierzu im Forum gute Erfahrungen vorlägen.
Stimmt, detaillierte Informationen zu Einbau und Abstimmung
finden sich hier.
Geringfügig erweitert wurde das Unterkapitel „Andere Federbeine für Monolever und Paralever”. Es kommen einige Vorschläge möglicher Nachrüstoptionen hinzu, soweit sie der Autor selbst ausprobiert hat auch mit Beurteilung.
Das Unterkapitel „Reifen” ist um einige aktuelle Modelle erweitert, von denen der Autor die meisten selbst gefahren hat und sie entsprechend beurteilen kann. Testsieger bei den Straßenreifen ist erwartungsgemäß der Conti Road Attack 3.
Erweitertes Kapitel: Wichtig beim Kauf einer gebrauchten BMW
Dieses Kapitel ist deutlich detaillierter und enthält jetzt die Unterkapitel „Besichtigung im Stand”, „Probefahrt” und „Abschließende Beurteilung”.
Erweitertes Kapitel: Umbauten
Hinzugekommen ist die ausführliche Beschreibung eines Umbaus für die Rennstrecke auf RS–Basis von '78. Ein faszinierender Leichtbau (159 kg rennfertig) eines ehemaligen Michel–Mitarbeiters, der fahrwerks– wie motorseitig ausführlich beschrieben wird, inclusive (überaus beeindruckender) Prüfstandskurven.
Tabellenteil mit den technischen Daten aller 2–Ventiler
Zugegeben, die Datentabellen zu überprüfen hatte ich nicht die Muße.

Aber: der Fehler der angeblichen 280 W-Lichtmaschinen der späten Modelle, der sich bis in die 3. Auflage durchgemogelt hatte, ist jetzt behoben!
Fazit
Zunächst ein paar Worte zum Layout. Während einige wenige Fotos, die noch in der Vorauflage schwarz–weiß waren, jetzt farbig geworden sind, ist der umgekehrte Fall wesentlich häufiger: vorher farbig, jetzt schwarz–weiß. Ist das dem Kostendruck bei unverändertem Preis und jetzt höherer Seitenzahl geschuldet?
Eine Eigenart des Layouts, die ich von Anfang an nicht verstanden habe, sind die Textkästen der Bildbeschreibungen. Es gibt sie in blau, grau und weiß und die Verteilung der Farben über die Seiten des Buches ist offenbar willkürlich. Wenn es dahinter ein System geben sollte, habe ich es nicht verstanden…
Jenseits solcher Petitessen bietet die neue Auflage dem interessierten 2–Ventilfahrer und –schrauber einen satten Mehrwert. Ich z.B. werde mich diesen Winter mit dem Umbau auf Kennfeldzündung beschäftigen und finde im entsprechenden Kapitel die perfekte Vorbereitung.
Nicht unerwähnt soll auch bleiben, daß sich H. Heusler im Vorwort zur 4. Auflage ausdrücklich bei „vielen Mitgliedern des Zweiventiler–Forums (…) für tatkräftige Unterstützung” bedankt.
Wenn jemand Anregungen zu oder Kritik an dieser Buchbesprechung oder noch weitere Unterschiede gefunden hat: Immer her damit!
Dank an Gerd für einige Anregungen zu diesem Text.
Gruß,
Florian
Offenlegung: H. Heusler bzw. der Bodensteiner–Verlag haben mir ein Rezensionsexemplar des Buches zur Verfügung gestellt.