Gefrorene Züge

Original von wildmoose
"Zeit zur Arbeit zu fahren"

"Es ist Donnerstag, der 5. Februar. Ich werde zur Arbeit fahren. Es ist 20 nach 4. Komm mit."

http://www.youtube.com/watch?v=CJIOaJkMUO8

Dieses Video wollte ich allen Pendlern mit gefrorenen Zügen, Schnee-, Spikes-und Schweden-Liebhabern nicht vorenthalten. ::-))

Beste Grüße

Marcus

Hübsches Filmchen! :]

Als literarische Ergänzung nehme ich Euch dann jetzt auf dem Mokick mit zur Arbeit! (Anm.: Es geht hier nicht um moderne Heldensagen; mit guter Ausrüstung kann das jeder halbwegs begabte Fahrer.) Dieser Tag vor ein paar Wochen war die bisherige Krönung meiner Simson-Zeit.

Der Weg zur alltäglichen Fron führt aus dem Illertal über etwa 34 km in die Kreisstadt. Schon auf der Außentreppe glitsche ich heftig aus; nur die Blechschrauben in den Stiefelsohlen verhindern einen Sturz. Auf der Autoscheibe -in der Garage haben nur die guten Oldies etwas zu suchen- liegt eine dicke, wellige Eisschicht. Öha, da hat es wohl einen ordentlichen Eisregen gegeben!

Gut verpackt im alten Lederzeug mit Daunenjacke drunter, gefütterten Stiefeln und Dreifinger-Handschuhen schwinge ich mich auf die Simson. Die Landstraße durchs Illertal ist eigentlich recht harmlos. Festgefahrene Schneedecke, nur leichte Verwehungen auf freiem Feld, gemächlich dahineiernde Automobile - fast Normalität halt. 4 km weiter biege ich rechts ab, und die Straße steigt zügig bis zum höchsten Punkt der Tour auf 601 m. Dort tauchen wir für die nächsten 7 km in den weißen Winterwald ein. Die Fahrbahn ist frisch gepökelt, typisch alle paar Meter die runden Auftau-Laken auf dem Asphalt. Gut zum Fahren, leider auch für den Rost!

Bald fällt die Strecke wieder ab, und seitlich taucht ein idyllischer Wald-Parkplatz auf. Den kennen die Teilnehmer des letzten Schrauberkurses vom Vergaser-Synchronisieren und Zündung-Einstellen. Hier im Gefälle mit den sanften Kurven schafft das Moppedle mit geducktem Fahrer locker 85 km/h. Ein (kleines) bißchen langsamer lasse ich es heute angehen. Kurz vor dem Talgrund kriecht plötzlich eine Schlange von etwa einem halben Dutzend Autos. Da ist sie ja, die orangefarbene Streusalzbüchse! Im halben Schrittempo fährt sie an der Spitze.

Phantastisch, das ist die Gelegenheit für eine unvergeßliche Demonstration! Elegant säge ich an der Schlange vorbei und überhole auch das Streufahrzeug. Auf der Höhe desselben merke ich: Hier ist es w i r k l i c h glatt! Zu Fuß hätte man keine Chance, auf den Beinen zu bleiben. Auch für meine noch nicht perfektionierte Ausrüstung ist die Sache grenzwertig. Aber es reicht, und in Schlangenlinien mit ausgestellten Füßen erklimme ich die unmittelbar folgende Steigung. Oben auf dem Buckel steht eine weitere Kolonne in Gegenrichtung. Die trauen sich nicht, den Berg herunterzufahren. Ein Bekannter steht neben seinem Wagen, erkennt mich und zeigt aufgeregt auf die Straße. Ich winke fröhlich zurück und knattere weiter.

Einige hundert Meter danach ist der Wald zuende. Hier am Aussiedlerhof, wo der Weg über ein kurzes Steilstück hinunter ins Dorf führt, fliegen sie regelmäßig aus der Schattenkurve. In der Tat, ich muß mich auf dem Seitenstreifen entlangtasten, wo Dreck und Astwerk aus dem Eis ragen und noch etwas Bremswirkung ermöglichen. Im Dorf tuckere ich um eine Kurve, als ein junger Mann sich auf dem Weg aus seinem Vorgarten fast hinlegt. Ich nehme eine Hand vom Lenker, rufe ihm zu: "Vorsicht, glaahatt!", und er lächelt etwas irritiert zurück. Hinter dem Ortsausgang beobachte ich einen entgegenkommenden PKW mit offensichtlichen Bremsproblemen im Gefälle. Er schlägt in die Schneemauer am Straßenrand ein, schrammt etliche Meter daran entlang und findet schließlich nach einigen Schlenkern wieder geraden Kurs, zum Glück ehe er bei mir ankommt. Wie kann man sich bei dem Wetter denn nur ins Auto setzen? Versteh' ich nich!

Kuppe rauf, Kuppe runter, wieder rauf, und was ist da? Eine von oben kommende Limousine hat sich, nun auf meiner Seite, mit der Schnauze in die Schneewand gebohrt und hängt fest, daneben zwei bedröppelte, junge Frauen. Ich zucke die Achseln - herausziehen kann ich euch nun wirklich nicht, Mädels! Die beiden Köpfe folgen mir beim Vorbeifahren gleichsinnig, wie dem Ball beim Tennis. Etwas später kommt die sonst meist schlimmste Stelle. Hier fegt der Wind über die kahle Hochfläche und türmt nicht selten unpassierbare Verwehungen auf. Heute geht es noch; ich kann mich gerade so durchwühlen. Danach und in den folgenden zwei Dörfern gibt es keine besonderen Vorkommnisse.

Aber dann! Erneut geht es bergauf, und auf halber Höhe ist Feierabend. Hinter der Schlange stehen zwei Lastwagen und blockieren die gesamte Straßenbreite. Der links steckende Holzlaster wird gerade mit einem Drehkran entladen. Ich peile die Lage. Als der Kranarm auf der für mich ungefährlichen Seite ist, drücke ich mich schnell seitlich am rechten LKW vorbei. Etwas Breiteres als meine Fuhre hätte nicht durchgepaßt.

Fröhlich geht es auf der Eisbahn wieder bergan, doch schon nach 300 m ist wieder Ende. Ein nächster LKW hängt mit 45° Schlagseite an einem Baum und wird ebenfalls entladen. Mit von der Partie sind die obligatorische Autoschlange und ein zweifarbiger VW-Bus mit blauem Pickel auf der Stirn. Ein junger, kleiner Polizist lugt dahinter vor und gestikuliert bei meinem Anblick aufgeregt zu seinem älteren, baumlangen Kollegen. Der schliddert eilig herbei und hebt den Arm. Ich halte neben ihm und höre ein: "Ja, sind sie lebensmüde?!!" Ich klappe das Visier hoch. Der freundlich lächelnde, weiße Vollbart verfehlt nicht die gewohnte, befremdliche Wirkung auf das Beamtengesicht. Ich setze nach: "Morgen!! Nö, ich bin Arzt und weiß schon, was Leben und Tod ist!" Damit fängt er nichts Rechtes an. Als Übersprunghandlung wird erst der vordere und dann der hintere Reifen gemustert. "Naja, sie haben ja Stollenreifen ...". "Jou", ergänze ich, "sind sogar Winterreifen mit M&S-Zeichen. Wissen sie, ich fahr' hier jeden Tag und weiß schon was ich tue". Viel mehr möchte ich ihm noch erzählen, aber das will er anscheinend gar nicht mehr wissen. So gebe ich Gas, und glücklich fügt es sich, daß die Simson mit knirschendem Geräusch, ordentlicher Beschleunigung und ohne Durchdrehen abzieht.

Die Stimmung hat ihren Höhepunkt erreicht. Was sollte jetzt noch kommen? So ist es. Die restliche Strecke bietet nur festgefahrene Schneedecke, allenfalls leichte Verwehungen, gemächlich dahineiernde
Autos - fast Normalität halt ...
 
...elektrisch beheizte Chokezüge...

Ich habe für mein BMW Cabrio (Saisonkennzeichen Sommer) elektrische Türschloßheizungen ersteigert. Technisch natürlich ganz praktisch, der Einbauaufwand enorm und vor allem natürlich bei Sommerbetrieb voll am Thema vorbei - genauso wie dieser, mein Beitrag ;)
 
@ Fritz
Übertreibst du es nicht etwas? :nixw:



So ein langer Roman für eine stinknormale Fahrt zur Arbeit.

Alles Irre hier, ich wußte es. :lautlachen1: :lautlachen1:
 
Wie kann man sich bei dem Wetter denn nur ins Auto setzen? Versteh' ich nich! :entsetzten:

Fritz, Fritz ich beneide Dich.

Nächsten Winter habe ich eine 125ger im Keller.
 
Original von Reinhard
Wie kann man sich bei dem Wetter denn nur ins Auto setzen? Versteh' ich nich! :entsetzten:

Fritz, Fritz ich beneide Dich.

Nächsten Winter habe ich eine 125ger im Keller.

und ich ein Auto mit Standheizung. :aetsch:

e zuviel
 
Hallo,

freut mich, wenn es Euch auf dem Sozius etwas Spaß gemacht hat! Ist übigens wirklich authentisch und nichts übertrieben oder geschönt.

@Detlev: Es sind Sechskant-Blechschrauben 3,2 mm, mit dem Bolzenschneider auf Stollenhöhe abgezwickt. Werden ohne Vorbohren mittels Akkuschrauber in die Stollen eingedreht. Ehe sie ganz drin sind, ein Tröpfchen Sekundenkleber drauf und vollends eindrehen. Habe bisher normalen Sekundenkleber genommen; besser ist vermutlich eine flexible Spezialversion. Hält jedoch schon jetzt sehr gut. Ideale Billigst-Lösung - 100 Stück unter 3 Teuro! Prima für Spaß im Gelände und auf Feldwegen. Auf trockener Strae geht es mit dem Verschleiß natürlich flott. In brauchbarem Zustand werden sie da ca. 500 - 700 km halten (Mokick, kein schweres, starkes Motorrad).
 
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