Verdichtung erhöhen / Abdrehen von Nikasilzylindern und Köpfen
Hallo,
weiter im löblichen Werke!
Die 75/7-Pötte waren ausgenudelt, die Köpfe ebenso. Keiner wollte mehr hinter mir fahren ...

1000er-Satz anbauen?

Keine Lust auf einen Hürdenlauf beim TÜV! Was noch dagegen sprach: Der ruppigere Motorlauf beim großen Hubraum, mit bedingt durch die sackschweren Kolben. Leichtere Kolben sind käuflich, aber teuer.

Mein Grundsatz: So simpel und preiswert wie möglich; aus gegebenem Material das Beste herausholen! Keine teuren Spezialteile, sondern Geld durch Zeit kompensieren, theoretische Grundlagen studieren und in die Praxis umsetzen. Macht mir mehr Freude, als ein Paket Scheine auf den Tresen zu legen.
Manche sagen: "Der 800er ist der bessere 1000er". Zur Laufkultur: Das 80er-Kolbengewicht liegt nur wenig über dem von 1000er-Spezialkolben. Nächster Pluspunkt: Doppelzündung macht beim 80er noch keinen Sinn (Einfachheit, Gewicht). Also wurden 80er-Nikasilsätze angeschafft. Gebrauchtteile gibt es reichlich und günstig, weil viele auf den vollen Liter umrüsten. :]
Meine "neuen" Zylindersätze waren die niederverdichtende Version mit 8,2:1. Die seltenere 55 PS-Variante hat 9,2:1. Ein potentielles Problem, denn zu meiner 336°-Sportnockenwelle von BMW gehören an sich 10:1-S-Kolben. Die große Ventilüberschneidung fördert die Leistung in höheren Drehzahlbereichen, ist im unteren jedoch abträglich. Das liegt daran, daß zwischen Ein- und Auslaß längere Zeit "Durchzug" herrscht als bei der Serienwelle und so die Füllung verbessert wird. Funktioniert aber nur bei hoher Gasgeschwindigkeit. Bei tiefer Drehzahl ist die Situation schlechter als bei den "zahmen" Serien-Steuerzeiten. Höhere Verdichtung kompensiert das zu einem gewissen Grad.
Also Kompression erhöhen! Geht mittels Materialabnahme am Kopf und oder Zylinder, ist aber nicht gar so einfach, wie es sich liest.
Fangen wir mit dem Zylinder an. Oben oder unten abdrehen? Ich habe mich für oben entschieden. Unten sind die Stoßstangen-Schutzrohre im Weg; Hauptgrund war die zu erwartende Verschleißkante oben im Zylinder (auch bei Nikasil, wenngleich weniger als bei Gußbuchsen). Den oberen Kolbenring wollte ich mir nicht daran zerdeppern. Vielfach wird vom Ausdrehen in Nikasil abgeraten wegen möglicher Ausbrüche der dünnen Schicht. Versuch macht kluch - und es geht doch! Eine frische Wendeschneidplatte wird mit dem Nikasil fertig.
Das Spannen auf der Drehbank ist etwas heikel, weil der Zylinderfuß leicht konisch ist. Große Kräfte sollten daher nicht einwirken. Um die Buchse nicht durch den Druck des Backenfutters zu verformen, wurde zuvor ein Füllstück aus Alu eingesetzt. Dann Rundlaufkontrolle in zwei Ebenen mit der Meßuhr, zur Korrektur gfls. leichtes Klopfen mit Plastikhammer.
Schrittweise Zustellung um 0,1 - 0,15 mm und gaaaanz langsam mit dem Meißel ins Material fahren! Man hört und sieht es, wenn die Nikasilschicht durch ist; Geräusch und Spanstruktur ändern sich deutlich. Insgesamt habe ich 1,0 mm abgenommen, was bereits reichlich 0,8 Punkte Verdichtungssteigerung ergibt. Der innere Rand wird zur Sicherheit noch mit einem Schleifband auf dem Minischleifer leicht angefast. Neben dem Buchsenrand muß auch die Sitzfläche von Kopf/Dichtung um den gleichen Betrag von 1,0 mm abgedreht werden.
Fertig und keinerlei Schäden am Nikasil! Fortsetzung folgt mit der Kopfbearbeitung. Hier geht es ans Eingemachte, da auf allerlei enge Toleranzen und auch strömungstechnische Gesichtspunkte zu achten ist.