AW: G/S-Prototypen in Ecuador1980
Ich arbeite mich mal von vorne nach hinten durch und fange mit der
vorderen Bremsanlage an.
Die G/S war schon seit schätzungsweise Ende 1977 mit einer Scheibenbremse geplant. Davon hatte die Entwicklungsabteilung die Kaufleute überzeugt, um gegenüber den japanischen Enduros ein Alleinstellungsmerkmal zu haben. Die Entwickler hatten dazu 2 identische Motorräder gebaut, einmal mit Trommel und einmal mit Scheibe, von denen es meines Wissens leider keine Fotos gibt

. Danach fiel dann die Entscheidung zu Gunsten der Scheibe.
Die für die Ecuador-Maschinen als Basis auserkorenen Sixdays-Maschinen hatten aber noch Trommelbremsen und an den verwendeten MAICO-Gabeln gab es keine Befestigungspunkte für den Bremssattel. Es wurden also entsprechende Adapter aus Alumaterial geformt und am rechten Gleitrohr stumpf angeschweißt. Ehrlich gesagt habe ich mich auch immer gewundert, ob sich das Gleitrohr bei der Schweißung nicht verzieht. Aber selbst bei der 1984er Paris-Dakar-Werksmaschine wurde das noch so durchgeführt, also hat es ja wohl problemlos funktioniert.
Weiter wurden wahrscheinlich ein /7-Brembo-Sattel sowie die passende Bremsscheibe samt Nabe verwendet, die in eine 21"-Felge eingespeicht wurden.
Für die Bremsbetätigung wurde die frühe /7-Lösung verwendet, also ein kurzes Bremsseil bis zum Bremszylinder, der aber nicht unter dem Tank, sondern an der oberen MAICO-Gabelbrücke sichtbar befestigt war, der Bremsflüssigkeitsbehälter hing an der Querstrebe des MAGURA-Lenkers. Brems- und Kupplungshebel sowie der Gasgriff 311 waren ebenfalls MAGURA-Teile aus dem Geländesport. Die Knubbelschalter waren noch aus der /5 bzw. frühen /6 entnommen. Ich bin mir nicht sicher, welcher Tacho verwendet wurde. Der Tachoantrieb erfolgt nicht vom Getriebe wie BMW-üblich, sondern endurotypisch vom 21"-Vorderrad, da passt die BMW-Tachoübersetzng wohl eher nicht. Er war provisorisch ohne das übliche Kunststoffgehäuse montiert. Man erkennt auch gut die Luft-Ventile oben auf der Gabel, die luftunterstützt war. Man hat aber wohl nur wenig Druck verwendet, um die Gabelsimmerringe zu schonen.
Oben in der Seitenansicht sieht man gut den verwendeten
R45/R65-Scheinwerfer mit Steinschlaggitter, der mit einer etwas windigen Blechstreifenkonstruktion an der Gabel befestigt war. Diese Halterung war den Geländefahrten in Ecuador allerdings nicht gewachsen und quittierte zwischenzeitlich den Dienst ...
Der
vordere Kotfügel war von M.Robert und wurde eigentlich an MAICOs verbaut. Er war daher eigentlich Rot und musste Weiß lackiert werden. Die Farbe blätterte gerne ab, was man auf einigen Fotos der Geländesportmodelle gut sehen kann.
Warum relativ viele MAICO-Teile verwendet wurden, lässt sich einfach erklären. Laszlo Peres betrieb seit Anfang der 70er Jahre aktiv Geländesport, fuhr schon immer auf MAICO und hatte gute Beziehungen zum Werk, obwohl er nie Werksfahrer war. Die Gabeln, Vorderbremsen usw. waren Ende der 70er mit die Besten auf dem Markt, also hat man wohl auch bei Tank, Sitzbank und Kotflügel dort eingekauft.
Der
Tank ist eines der wenigen Bauteile, welches direkt von der G/S zu kommen scheint.
Allerdings waren das speziell angefertigte Alutanks, deren Form mir noch minimal größer und rundlicher als die späteren Serien-Tanks erscheint (zumindest auf den Fotos, in echt habe ich leider noch keinen gesehen). Die Vertiefungen für die Embleme fehlen, es wurden Klebeembleme verwendet, die auch weiter oben platziert wurden und der aufgesetzte Tankstutzen sitzt etwas weiter hinten. Das war dann in der späteren Serie bekanntlich anders.
Durch diesen Tank sind die Ecuador-Maschinen für mich DAS Bindeglied zwischen Klassik und Moderne. Da er hier auf reinrassigen Wettbewerbsmaschinen sitzt, kommt das S aus G/S in seiner m.M.n. ursprünglichsten Bedeutung, nämlich dem SPORT aus Geländesport, zur Geltung. Die anderen Seiten der Medaille sind natürlich Muth's Gentleman Scrambler und das Gelände/Straße des Marketings, die erblickten für mich aber erst in Avignon das Licht der Welt. Und G/S bedeutete für mich schon immer Gelände/Sport
Mir gefällt dieser breite blaue oder rote Streifen echt gut. Leider weiß ich nicht, wer für dieses Design verantwortlich zeichnet. Aber sollte ich mal einen weißen G/S-Tank bekommen, wäre dieses Design mein Favorit.
Die
Sitzbank wurde wieder von den Wettbewerbsmaschinen übernommen. Dort wurde eine MAICO-Sitzbank nahezu ohne Änderungen verbaut. Da hier der G/S-ähnliche Tank aber länger baut als der MAICO-Tank, wurde der Sitz vorn deutlich gekürzt.
Der
Motor stammt wohl noch 1:1 aus den Wettbewerbsmaschinen, zumindest äußerlich sehen sie identisch aus, sogar die Farbmarkierungen von den Renneinsätzen sind noch zu sehen.
Schon Anfang 1979 hatte man 2 Maschinen mit Motoren ausgestattet, die von Willi und Günter Michel vorbereitet worden waren, bis zu den Sixdays waren dann alle 6 Maschinen damit ausgestattet (man startete unter dem Teamnamen MTS für Michel-Tweesmann-Schek). Das waren wohl erleichterte 800er Triebwerke, die an dem abgefrästen Kettenkastedeckel und der aufgesetzten "Dose" als Abdeckung der Kröber-Zünd- und Lichtanlage zu erkennen sind, siehe hier die beiden linken Maschinen von Witthöft und Peres:
Das
Getriebe sieht auf den ersten Blick äußerlich serienmäßig aus, ist aber innen an allen machbaren Stellen erleichtert.
Wie zu Beginn schon erwähnt, liegt der Schwingendrehpunkt näher am Getriebe als in der Serie, daher wird es am Getriebeausgang extrem eng. Der Anguss für den Anschluss der Tachowelle und die Getriebeentlüftung wurde entfernt und zugeschweißt, der Bund für die Manschette nach vorne versetzt. Die Abtriebswelle hat keinen Konus am Ende mit aufgeschrumpften Flansch, sondern wahrscheinlich eine Außenverzahnung, auf der ein Gelenk ähnlich dem hinteren der Paraleverwelle sitzt, um Baubreite zu sparen.
Die
Schalthebelbetätigung ist ähnlich der an den 248er Typen gelöst, der Hebel sitzt aber zwischen zwei Laschen, die am Rahmen angebracht sind.
Zur Gewichtseinsparung sind die Luftfiltergehäusehälften, die Anlasserabdeckung, unter der u.a. die Zündspulen (aber kein Anlasser!) liegen, und wahrscheinlich der hintere Getriebedeckel aus einer Magnesiumlegierung gegossen. Da diese Teile schnell unansehnlich grau werden, wurden sie gerne wie hier zu sehen in Silber lackiert.
Gruß
Werner