Vielleicht liegt es an mir, aber ich sehe mehr Unterschiede als synthetisch und mineralisch.
Was mögen wohl die merkwürdigen Zahlenkombinationen bedeuten? Vielleicht ein Geheimcode der Illuminaten aus der Schmiermittelindustrie, der alle Alteisenschinder ins Verderben stürzen soll ...
Ich erlaube mir einmal, etwas Licht ins Dunkel zu bringen, gerade, weil zu dem Thema unendlich viel dummes Zeug im Internet steht: Klugscheißermode an
Die Zahlenangabe ist die Viskosität, also wie dünn- oder zähflüssig ein Öl ist.
Dabei ist bei 10W40 die Zahl "10W" die Winterviskosität, die bei 0 °F, d.h. ca. -18°C, mit einem Rotationsviskosimeter gemessen wird. Obendrein handelt es dabei um die "dynamische Viskosität" - und die allein ist maßgebend für die Gleitlagerauswahl.
Die "40" ist die Sommerviskosität, sie wird bei 210 °F, ca.100°C gemessen und obendrein ist das die "kinematische Viskosität, sie wird mit einem Kapilarviskosimeter gemessen.
Je höher die Zahl, deste zähflüssiger oder dickflüssiger ist das Öl. Was bedeutet das. Dazu kurz erklärt: Wenn das Gleitlager steht, herrscht Festkörperreibung. Beginnt das Lager zu drehen, ensteht Mischreibung. Ab einer gewissen Geschwindigkeit, dem
Ausklinkpunkt, geht die Mischreibung in Flüssigkeitsreibung über, und das Gleitlager arbeitet (praktisch, von Schäden wie Kaviation etc. mal abgesehen) verschleißfrei.
Welche Rolle spielt hier die Viskosität:
-- Dünnflüssiges Öl: Ausklinkpunkt wird später erreicht, aber die Flüssigkeitsreibung ist bei steigenden Drehzahlen geringer als bei
-- Dicklflüssigem Öl: Ausklinkpunkt wird früher erreicht (das Lager geht früher in die verschleißfreie Fluidreibung), aber die Flüssigleitsreibung ist deutlich höher als bei dünnflüssigem Öl.
Ich habe es mal nachgerechnet: Die 9 Gleitlager meiner CB 750 Four verballern rund 7 PS durch die Flüssigkeitsreibung, die auch das Öl kernig erwärmt!
Die Ölviskosität legt der Konstrukteur fest, wobei auch wirtschaftliche Überlegungen eine große Rolle spielen: Vermutlich hat der BMW-Einkauf zu den BMW-Motorradkonstrukteuren, die Mitte der 60er Jahre, als die /5 entworfen wurden, ein kleiner und unbedeutender Haufen im großen BMW-Gefüge waren, gesagt: "Ihr nehmt für eure blöden Motorräder gefälligst 20W50, weil wir davon pro Woche 10.000 l für die PKW einkaufen".
Die Ölvorschriften für die 2V sind also über 50 Jahre alt - und die Öle waren damals viel, viel schlechter wie heute. In den 70er Jahren schrieb Honda für die CB 750 Four Ölwechsel alle 1.500 km (richtig, in Worten: Eintausendfünfhundert) vor, obwohl das Schmiersystem der Four mit ihrer Trockensumpfschmierung weitaus höher entwickelt war als das der 2Vs.
Heute ist die Ölchemie um Lichtjahre weiter als vor 50 Jahren, und bei modernen PKW sind die Ölwechselintervalle inzwischen bei 30.000 km.
Von daher ist die Frage nach der Ölviskosität für die 2V-Boxer, ob nun 10W40, 15W40 oder 20W50 von untergeordneter Bedeutung - weil heute einfach die Öle so sehr viel besser sind als zu den Zeiten, als die /5 entworfen wurde.
Obendrein habe ich mir mal den Spaß gemacht, die Gleitlager der 2V-Boxer, der CB 750 Four und eines 1,05 l Polo-Motors zu vergleichen: Alle drei Lager sind praktisch identisch ausgelegt (wie und warum, das führt jetzt zu weit, aber zentraler Auslegungspunkt ist die sog. Sommerfeldzahl So, die bei den untersuchten Motoren (aber auch bei anderen Auto- und Motorradmotoren) bei ziemlich genau 1 liegt = in´dentische Betriebsbedingungen. Wenn also die CB 750 Four laut Honda mit 10W30 oder 10W40 läuft, dann tun das auch die 2V-Boxer, der Polo, der Golf etc.
Wer sich für dieses Thema interessiert, kann mal einen Blick in das Standard-Fachbuch "Decker: Maschinenelemente" ab S. 469 werfen - da steht alles genau 'drin.
Noch kurz zum Thema synthetisches Öl - Mineralöl:
Synthetisches Öl ist immer ein Leichtlauföl, da hat man vor 30 Jahren ein Riesen-Geschiß 'drum gemacht "...spart Kraftstoff". Naja, unter besten Bedingungen vielleicht 2-3%. Aber was viel wichtiger ist: Syntheseöl funktioniert auch noch bei 150°C Öltemperatur, dagegen macht Mineralöl bei 120-130°C schlapp. Das bedeutet: Wer ständig bei 200 km/h über die Autobahn heizt, ist mit Syntheseöl besser bedient. Wenn man eine 2V-BMW so fährt, wie sie sich am wohlsten fühlt, d.h. zwischen 3000 und 500 U/min, der kommt ganz problemlos mit Mineralöl aus. Obendrein benetzt Mineralöl besser als Syntheseöl, es haftet also besser auf den zu schmierenden Oberflächen.
Syntheseöl ist auch langzeitstabiler als reines Mineralöl, Wer also sehr lange Ölwechselintervalle haben will, sollte auf Syntheseöl setzen.
Eines der allerbesten Öle überhaupt ist Rizinusöl. Nur verharzt es sehr schnell, und Rennmotoren, die mit Rizinusöl gefahren werden (wurden), müssen nach jedem Renn komplett zerlegt und gereinigt werden. Ist also für den Alltagsbetrieb nicht so ganz der Hit.
So viel für heute - so ein Ölfred ist doch immer wieder dankbar...
Viele Grüße
Frank