Ich fasse mal zusammen:
Wie mehrfach genannt, soll ein Entstörwiderstand bei der Unterbrecherzündung elektromagnetische Störungen (EMV – elektromagnetische Verträglichkeit) reduzieren, die durch die Zündanlage entstehen. Diese Störungen könten den Radioempfang stören oder elektronische Geräte in der Nähe beeinträchtigen.
Bei der Unterbrecherzündung wird der Zündstromkreis durch einen mechanischen Unterbrecherkontakt geöffnet und geschlossen. Dabei entsteht durch die Sekundär-Spule eine hohe Spannung, die an der Zündkerze den Zündfunken erzeugt.
Beim Öffnen des Unterbrecherkontakts fließt der Strom schlagartig nicht mehr durch die Primärspule: das hat eine plötzliche Spannungsänderung (d.h. eine hohe Spannungssteilheit, dV/dt ) und damit elektromagnetische Störungen (durch Abstrahlen elektromagnetischer Wellen) zur Folge.
Der Entstörwiderstand (im Zündkerzenstecker oder im Zündkabel, bis einige tausend Ohm) dämpft hochfrequente Spannungsimpulse, indem er den Stromfluss bei schnellen Spannungsänderungen etwas begrenzt.
Dadurch werden Funkstörungen verringert. (Angeblich wird gleichzeitig der Verschleiß der Unterbrecherkontakte reduziert, da die Funkenbildung an den Kontakten geringer wird. Ich persönlich glaube, dass ein parallel geschalteter Kondensator hier die bedeutendere Rolle spielt).
Ohne Entstörmaßnahme entsteht beim Öffnen des Unterbrechers ein starker Funke und ein harter Spannungsimpuls → viel EMV-Störung. Mit einem Entstörwiderstand wird dieser Impuls abgemildert → weniger Funkstörungen, längere Lebensdauer der Komponenten.
Die hochfrequenten Schwingungen entstehen bei einer Unterbrecherzündung im genau dem Moment, in dem der Unterbrecherkontakt öffnet. Zündspule (induktiv) und Stromkreis (kapazitiv) bilden einen Schwingkreis. Rückblende Physikunterricht: das Schwingungsverhalten (Frequenz, Amplitude) hängt ab von Induktivität, Kapazität und (!) Widerstand.
Eine Zündspule ist nichts andres als ein Transformator mit Primär- und Sekundärwicklung. Die Primärwicklung (Induktivität) möchte den Stromfluss aufrechterhalten. Wenn der Unterbrecher den Stromfluss aber plötzlich unterbricht, erzeugt die Spule eine Gegenspannung, um den Stromfluss weiterzuführen. Die abrupte Stromunterbrechung erzeugt also einen Hochspannungsimpuls (Verhältnis von Primär- zu Sekundärwindungszahl). Der abrupte Abbruch des Stroms erzeugt eine (sehr) hohe Spannungsspitze (durch die erwähnte induktive Selbstinduktion). Und genau dIese Spannungsspitze führt in Kombination mit „parasitären“ Kapazitäten (Verkabelung) zu einem (hochfrequenten) Schwingkreis. Ein elektrischer Widerstand dämpft das Schwingungsverhalten solcher (aller elektrischen) Schwingkreise.
Dieser Schwingkreis wird gebildet aus der Induktivität der Zündspule einerseits und der Kapazität im System (Summe aus Unterbrecherkontakten, Kabel, Gehäuse, u.a.) andererseits. Es handelt sich um einen gedämpften Schwingkreis. Dass er an der Funkenstrecke „offen“ ist, spielt für die Entstehung der hochfrequenten Schwingungen keine Rolle.
Diese Schwingkreise können kurzzeitig extrem hochfrequente Schwingungen erzeugen – typischerweise im kHz- bis MHz-Bereich - die als elektromagnetische Wellen angestrahlt und von Radios „empfangen“ werden.
Es sind mehrere Maßnahmen zur Beseitigung dieser hochfrequenten Wellen bekannt: wie oben erwähnt schluckt ein Entstörkondensator parallel zum Unterbrecher die Hochfrequenten Wellen an dieser Stelle. Ein Entstörwiderstand dämpft schnelle Spannungsänderungen in der Hochspannungsseite (Schwingungsdämpfung). Abgeschirmte Zündkabel verhindern das Abstrahlen hochfrequenter elektromagnetischer Wellen.
Das bis hierhin gesagte In aller Kürze: das System aus Unterbrecher, Zündspule, Kabeln und Kerzen ist ein gedämpfter Schwingkreis, der elektromagnetische Wellen im kHz und MHz Bereich erzeugt und abstrahlt.
Hier habe ich nun mehrfach gelesen, dass diese Problematik angeblich nur für Unterbrecherzündungen gilt, nicht aber für die elektronische (Transistor-) Zündung. Dem möchte ich widersprechen: dem Schwingkreis ist es vollkommen egal, ob er mechanisch oder anderweitig unterbrochen wird. Prinzipiell entstehen auch bei Zündanlagen ohne Unterbrecher hochfrequente Störungen, aber auf andere Weise und oft deutlich geringer, weil die Technik moderner ist.
Bei einer elektronischen Zündung übernimmt ein Halbleiter (Transistor) das Öffnen und Schließen des Stromflusses im Primärkreis. Die Steuerung erfolgt nicht mechanisch (Unterbrecher), sondern durch Sensoren (Hallgeber, Induktivgeber). Aber auch hier wird der Strom zur Zündspule abrupt (!) unterbrochen: dadurch entstehen induktive Überspannungen.
Hinsichtlich der induktiven Energie und dem Aufbau des Schwingkreise unterscheiden sich Unterbrecher- und elektronische Zündung überhaupt nicht (!).
Die Zündspule speichert Energie in einem Magnetfeld. Wenn der Transistor den Stromfluss schlagartig abschaltet, muss diese Energie irgendwo hin: sie erzeugt wie beim Unterbrecher eine hohe Spannung (induktive Spannungsspitze).
Auch bei Transistoren entstehen durch die Verdrahtung, Leiterbahnen, etc. parasitäre Kapazitäten. Aus physikalischer Sicht ist das simpel: „Parasitäre“ Kapazitäten + Induktivität = Schwingkreis. So einfach ist das.
Die blitzartige Spannungsänderung verursacht Schwingvorgänge mit sehr hoher Frequenz.
Die Funkstörung ist bei Transistorzündungen tatsächlich meist weniger stark als bei Unterbrecherzündung. Moderne Schaltungstechniken sorgen nämlich per se für eine bessere Dämpfung im Schwingkreis: (1) Es gibt keinen mechanisch erzeugten Funken an einem Unterbrecher, (2) Transistoren schalten ohne Funken, (3) Elektronische Schaltungen sind in der Regel gut abgeschirmt.
Soweit, was ich (a) hier mitgenommen habe und (b) aufgrund physikalischer und elektrotechnischer Kenntnisse beitragen kann.
Viel Text, tut mir leid. Ein Abend ohne Familie, mit einem Glas Rotwein in der Hand - und niemand da, der einem sagt „Halt endlich den Schnabel“. Muss ja niemand lesen
Das Thema finde ich spannend! Viele Grüße, Jochen