Hallo Magnus,
dass habe ich hier bei den Nachbarn gefunden:
Hier die Stellungnahme des BMW AG Pressesprechers Sparte Motorrad und Dpl.Ing.
Herrn Jürgen Stoffregen bezüglich der Laufkultur des 2V 1000 cm3
guten abend Herr Ujcic,
mit ihrer vermutung liegen sie ganz richtig, zumindest erklärt sie einen teil
der eigenheiten des boxers. es kommen für das geschilderte phänomen einige
faktoren zusammen.
die verbrennung ist dabei ein faktor. eine gleichmässige und ruhige verbrennung,
die auch einen ruhigen motorlauf zur folge hat, setzt ein homogenes und homogen
verteiltes gemisch im brennraum voraus. normalerweise nimmt die
gemischhomogenität mit der drehzahl zu. ganz einfach, weil mehr
ladungsbewegungen (turbolenzen) im kompressionstakt erzeugt werden, wegen der
schnelleren kolbenbewegung. das bereits erklärt den immer ruhigeren motorlauf
mit höherer drehzahl.
gegenlüfig sind die massenkräfte, beim boxer genauer gesagt die massenmomente,
die mit der drehzahl zunehmen. es ist sehr schwer, im subjektiven empfinden an
lenker fussrasten bzw. das was man gesamthaft "fühlt" , sauber nach den ursachen
zu trennen. man "spür" eben einen rauheren oder eben einen geschmeidigeren
motorlauf.
eine rolle spielen dabei auch die vergasersynchronisation. leider verstellt sich
diese bereits kurze zeit nach einer auch sehr genauen einstellung immer wieder
leicht (seilzüge, längung und reibung) sie werden feststellen, dass unmittelbar
nach einer sehr peniblen einstellung der motorlauf besser ist, aber dies kann
nach mehreren hundert kilometern schon wieder vorbei sein. man könnte einen
hochwertigen seilzugverteiler einbauen, mit sehr kurzen zügen zu den vergasern.
ob der umbau sich gesamthaft aber lohnt ?
mit eine rolle spielen dürfte auch die zündverstellung. die reine
drehzahlverstellung der 2v-boxer ist immer ein kompromiss. im buch können sie ja
nachlesen, dass man eigentlcih auch eine lastverstellung bräuchte. bei niedrigen
drehzahlen macht sich all das stärker bemerkbar als bei hohen.
der unterschied zu den "alten" 1000er motoren ergibt sich aus einer etwas
anderen motorabstimmung. diese motoren waren höher verdichtet und auf
superbenzin ausgelegt. die höhere verdichtung nimmt positiven einfluss auf die
verbrennung. aussserdem (und dies dürfte der grösste einfluss sein) waren die
motoren "fetter" abgestimmt, weil abgasgesetze früher eine weniger wichtige
rolle gespielt haben. der alte grundsatz "fett eingestellte motoren laufen immer
gut" gilt immer noch. genauer erklärt heisst dies: bei kraftstoffüberschuss
kommen genügend kraftstoffteilchen auf die sauerstoffmoleküle. auch bei einem
inhomogenen gemisch sind immer und überall genügen kraftstoffteilchen für eine
verbrennung vorhanden.
mit einer doppelzündung sollte sich das laufverhalten verbessern. bevor sie viel
geld dafür hinlegen, sollten sie unbedingt eine probefahrt machen, ob das
laufverhalten ihren erwartungen entspricht. wunder dürfen sie nicht erwarten.
eine doppelzündung, die etwas bringen soll, erfordert eine neuabstimmung des
motors hinsichtlich der zündzeitpunkte und der verstellkurve. seriöse tuner
machen das. sehr viel mehrleistung können sie nicht erwarten (wer das nur mit
einer doppelzündung verspricht, dürfte nicht seriös sein). der grund leigt
darin, dass die vollast-verbrennung der motoren mit einer zündkerze bereit ok
ist. mehrleistung gibt es nur, wenn mehr luft und kraftstoff zur verbrennung
gelangt. wo soll diese durch eine zweite zündkerze herkommen ?
eine doppelzündung verlangt eine zweite zündspule bzw. eine doppelzündspüle.
eine teilung des zündausgangs an nur einer zündspule bringt nichts, weil sich
dadurch die zündenergie verrngert, d.h. die ursprüngliche zündenergie muss sich
auf zwei keren verteilen. das bringt nicht viel. wenn schon, muss in etwa die
gleiche zündenergie wie im serienzustand für beide kerzen zur verfügung gestellt
werden.
hinweisen möchte ich noch auf die erhöhte thermische belastung besonders der
kolben durch die doppelzündung. schnellere verbrennung bedeutet immer auch
höhere spitzentemperaturen und steilerer druckanstieg. die kolben sollten dies
zwar aushalten, aber werksseitig ist das nicht erprobt. ist also ihr risiko,
bzw. das des tuners/anbieters, der aber zumeist eine garantie ablehnt.
ich hoffe, ich konnte die fragen zu ihrer zufriedenheit beantworten. ansonsten
schreiben sie mir noch einmal. ich bitte jedoch um verständnis, dass ich nicht
jede detailfrage beantworten kann. dafür fehlt mir die zeit. ich denke, die
meisten antworten gibt das buch bzw,. sind durch überlegung daraus abzuleiten.
sie selber haben ja den richtigen ansatz gehabt.
viel freunde mit dem buch, das es mittlerweile in der 4.auflage gibt. die 5.
auflage wird im wesentlcih ein neudruck der 4.auflage sein. in der 6.auflage (in
ca. 2 jahren) gibt es dann wieder wesentliche neuerungen und erweiterungen. ich
freue mich, dass ihnen mein buch gefällt.
viel spass bei der beschäftigung mit motorradtechnik und beim motorradfahren und
eine schöne und unfallfreie saison 2002 wünscht
Jürgen Stoffregen
P.S:
die resonanz bei 4500 u/min stammt übrigens weniger vom ventiltrieb als vom
kurbeltrieb.
die 800er motoren laufen deshalb ruhiger, weil die einzelhubräume kleiner sind
und damit die flammwege im brennraum kürzer. wegen des kleineren einzelhubraums
sind natürlich die sekundären einflüsse aus den massenmomenten auch geringer
(kleinere kolbenmasse aufgrund kleinerer bohrung. die im durchmesser kleineren
einlsskanäle/ventile tragen auch zu einer besseren gemischbildung bei niedrigen
drehzahlen bei.