Du solltest nicht ohne Lesebrille das Haus verlassen...
Wahrscheinlich bin ich nicht gut, Sachen auf den Punkt zu bringen. Ich gönne mir einen letzten Versuch:
In der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre hat BMW sehr erfolgreich an Rennen teilgenommen. Schorsch Meier, Wiggerl Kraus, Karl gall etc. waren richtig gut im Geschäft. Das hat natürlich die Popularität der Marke BMW gesteigert, und auch die Begehrlichkeiten von Leuten auf der Straße, auch so ein tolles Motorrad zu fahren. Zu der Zeit waren selbst die sportlichen R16 und R17 schwer wie Braunkohlebagger, und von der Optik her altbacken. Um genau diese Nachfarge zu befriedigen, hat BMW 1936 auf dem pariser Salon die R5 vorgestellt. Die erste Serie ging mit einer Auflage von hmöopatischen 1500 Stück an den Start, von der zweiten Serie gab es sogar noch weniger - insgesamt wurden es gut 2600 Stück. Eine Version für Privatfahrer, die an Rennen teilnehmen wollten, die R5 SS hatte ein paar sportliche Details mehr für die handverlesene Kundschaft bereit - 2PS mehr durch größeren Vergaserdurchlass.
BMW hat einen Renner mit 24 PS auf die Räder gestellt, mit zwei halbhoch liegenden Nockenwellen, schutzgasgeschweißtem Rahmen, 4-Gang Fußschaltung in Rennauslegung (raufschalten durch runterdrücken), steifes Tunnelgehäuse für den Motor, hydraulisch bedämpfte Telegabel während der fahrt auf die Strecke einstellbar, 154kg schwer. Klingt alles normal? Ja, aus heutiger Sicht. Die Parallelmodelle wie z.B. R17 hatte 33PS, mit denen man kein bißchen schneller unterwegs war, weil die Karre bockig, schwer und unhandlich war, in jeder Kurve ächzte der Rahmen unter der Last des Fahrers und der Leistung. Die R5 war agil,. sportlich, und die wenigen Menschen, die sich sowas leisten konnten, waren die Könige der Landstraße (und der gerade entstehenden Autobahn).
Und nun kommt 80 Jahre später ein Designer mit Bart und Karohemd und sagt: Cooler Bobber, sowas kann ich auch. Und baut eine "Hommage" an dieses Motorrad, mit gereckter Gabel, eckigen Reifen und Sitzposition Marke "Affe auf Schleifstein". Das einzige, was an diesem Hobel an R5 erinnert, sind die hinteren Rahmenbögen.
Natürlich ist das handwerklich sauber gemacht. Anerkennung dafür. Aber das ist nicht mein Thema. Mein Thema ist: Thema verfehlt, setzen, sechs.
Jemand hatte die Concept 90 angesprochen: schönes Gegenbeispiel, bei der der
Charakter des Originals erhalten blieb, und modern interpretiert hat. Bräuchte ich so ein Motorrad - nein. Ich hab das original. Aber die Referenz '90' ist IMHO legitim.
Eine schöne Geschichte fällt mir noch zur R5 ein: ein Redakteur von "Das Motorrad" ist 1936 mit der R5 zur TT auf die Isle of Man gefahren, um das Motorrad ausgiebig zu testen. Auf dem Rückweg hat er noch Freunde in England besucht, u.a. auch den Earl of ... (hab ich vergessen), der um die Gelgenheit einer Probefahrt bat. Durfte er und war weg. 3 Stunden später kam er nicht zurück, sondern er hatte seinen Butler geschickt. Der brachte einen Brief, in dem stand: "Ich bin so begeistert, daß ich entgegen meiner üblichen Gepflogenheit das Motorrad nicht zurückgeben werde. Anbei ein Scheck, bei dem Sie bitte die Kaufsumme selbst eintragen möchten. Ich bin ja kein Dieb, ich bin nur ein Motorrad-Enthusiast." Die Geschichte ist verbrieft, das Motorrad existiert heute noch und die Nachfahren haben das Motorrad noch in Besitz. Das sind die Jungs, die in Goodwood das "Festival of Speed" veranstalten. Dort ist das Motorrad dann und wann auch zu sehen.
Wahrscheinlich habe ich es wieder nicht auf den Punkt gebracht. Na ja, ich geh wieder schrauben, kann ich besser als schreiben. Hab gerade ein engl. Burman Getriebe auf der Werkbank.