Reifenbindung kann ausgetragen werden!

So sieht das aus, wenn ein Ingenieur seinen Sachverstand und sein Kompetenz benutzt.

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Hallo,

Wollte hier nochmal aktuelle eigene Erfahrungen mit der Austragerei der Reifenfabrikatsbindung berichten. Das nachfolgende bezieht sich auf die Modelle RxxR und RxxR Mystic. Das sind wie schon mehrfach geschrieben die einzigen Modelle aus der 2V Zeit mit einer Reifenfabrikatsbindung. Auch wenn die Zulassungsstellen bei anderen Modellen standardmäßig den Satz mit "Reifenfabrikatsbindung beachten" in die Papiere gedichtet haben, ist das nicht relevant. Bei einer R100GS z.B. ist die Austragung dieses Satzes verschwendete Zeit und Geld, weil es keine Reifenbindung gibt und man alle Reifen fahren darf, solange man Größe, Speed- und Loadindex sowie bei der Bauart bei Diagonal bleibt (Das hatte ich für die GS >hier< mal detailliert aufgezeigt).

Rahmenbedingung:
  • Die R100R hat in der Betriebserlaubnis eine Reifenfabrikatsbindung für längst nicht mehr verfügbare Reifen
  • Und: Die R100R hat eine seltsame Kombination von Reifenbauarten (Diagonal vorn, Bias Belted hinten).
  • Zusätzlich hat die R100R noch einen hinten für die Felge zu breiten Reifen und einen unnötig hohen Speed Index, das soll hier aber beides kein Thema sein.

Status Quo R100R:

So schaut die Reifeneintragung einer R100R ab Werk (Bild ist von einem "alten" Fahrzeugbrief, in der Fahrzeug ABE, die jede Prüfstelle aufrufen kann, steht das gleiche drin.
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Meine Erfahrung bei der Austragung:

  • Rahmenbedingung: Fahrzeug Serie, montierte Reifen in Seriengrößen (also der breite 140er hinten), Reifen Michelin Pilot Aktiv der ist vorn und hinten Bauart Diagonalreifen. Der Reifen hat eine Freigabe von Michelin für die R100R
  • Prüforganisation 1, Lose Nachfrage bei der HU eines anderen Fahrzeug, ob sie die Austragung machen: Antwort Prüfer (sinngemäß wiedergegeben): Dürfte ich von der Befähigung, mache ich aber nicht. Wenn ich das richtig machen würde müsste ich umfangreiche Testfahrten bis zur Fahrzeughöchstgeschwindigkeit durchführen, um die Eigenschaften des Reifens zu prüfen. Würde dann auch nur den montierten Reifen eintragen. Mache das aber gar nicht.
  • Prüforganisation 2, wie oben lose Nachfrage bei der HU eines anderen Fahrzeugs: "Ja dürfen wir, einfach mit dem Fahrzeug vorbeikommen". Das habe ich dann gemacht. Alles angeschaut, ABE gecheckt, alles paletti,... bis der Freigang zum Kardan "gesichtet" wurde: "Ohje, das ist ja eng". Mein Hinweis: "Ja, das war aber ab Werk 1992 schon so" (Habe natürlich vorher sogar die Reifenbreite des Michelin geprüft und mit alten Aufzeichnungen verglichen, der baut ganz normal). Prüfer: "ja aber so kann ich die Reifenbindung nicht austragen, da müsste ich umfangreiche Messungen und Hüllkurvenberechnungen durchführen und am Ende wird es dann sicher zu knapp sein". OK, wieder gefahren, hat wenigstens nichts gekostet.
  • Dann doch zum TÜV. Gleich zu so einer Hauptstelle wo sie auch AaS haben. "Reifenfabrikatbindung austragen? Kein Problem, da haben wir sogar aktuell einen Paketpreis mit HU für 158 Euro". Hm... Sonderangebot. Ich "ja aber Ihr müsst bitte die Reifenbauart mit ändern, es gibt keinen Reifenhersteller, der einen Reifentyp mit Diagonal vorne und Bias Belted hinten im Programm hat, so wie es in den Papieren vorgegeben ist. Der montierte Pilot Aktiv ist vorn und hinten ein Diagonalreifen, der Reifen ist aber bereits eingestellt, der Nachfolger Road Classic ist vorn und hinten Bias beltet. Ich möchte am liebsten alle Reifen in Seriendimensionen in den Bauarten Diagonal, Bias und Radial fahren, möglichst auch noch hinten den schmäleren 130/80 und H-Speedindex. Freigaben von unterschiedlichen Reifenherstellern habe ich für alle Kombinationen dabei". Ein Prüfer machte die normale HU und nahm die Daten für Reifenänderung auf. Da wir alles haarklein dokumentiert. Mit einem Tablet wurden diverse Fotos gemacht. Dann alles fertiggemacht. Bezahlt hatte ich schon. Übergabe der Abnahme: Ich schau das Dokument an: Reifenbindung ausgetragen, Bauart nicht geändert "müssen wir ein anders Mal machen, ist bei der Austragung der Reifenbindung nicht mit drin" Ich reklamiert, der Prüfer zieht seinen AaS dazu. Ich erkläre nochmal was ich meine und sage: Die durchgeführte HU ist so auch falsch, weil die Reifenbauart nicht dem eingetragenen Stand entspricht. Der AaS stimmt mir zu und meint noch "jetzt haben wir ein Problem". Ende vom Lied: Alles wurde storniert und rückabgewickelt (auch die Zahlung) ich musste statt dessen eine Einzelabnahme und HU für 230 Euro durchführen lassen. Jetzt bin ich bei der R100R wieder legal unterwegs, habe keine Reifenfabrikatsbindung mehr und darf Diagonal, Radial und Bias Belted Reifen fahren. Den 130er hinten und den Speed-Index H wollte der AaS nicht eintragen. Beim Load-Index hat er vermutlich versehentlich einen etwas zu hohen eintragen 69 statt 65, da fallen einige wenige Reifen aus der Auswahl raus. Ich habe das dann aber nicht nochmal reklamiert, nach 1,5 Stunden war die Atmosphäre zwar freundlich, aber es waren doch alle Beteiligten etwas genervt.
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Und das alles, weil TÜV & Co im Verkehrsausschuss durchgesetzt haben, dass die UB der Reifenhersteller bei den alten Fahrzeugen mit nationaler ABE nicht mehr gelten.

Ich habe drei R100R, die nächste muss im Oktober zur HU...:(

Gruß
Marcus
 
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Hallo,

Wollte hier nochmal aktuelle eigene Erfahrungen mit der Austragerei der Reifenfabrikatsbindung berichten. Das nachfolgende bezieht sich auf die Modelle RxxR und RxxR Mystic. Das sind wie schon mehrfach geschrieben die einzigen Modelle aus der 2V Zeit mit einer Reifenfabrikatsbindung. Auch wenn die Zulassungsstellen bei anderen Modellen standardmäßig den Satz mit "Reifenfabrikatsbindung beachten" in die Papiere gedichtet haben, ist das nicht relevant. Bei einer R100GS z.B. ist die Austragung dieses Satzes verschwendete Zeit und Geld, weil es keine Reifenbindung gibt und man alle Reifen fahren darf, solange man Größe, Speed- und Loadindex sowie bei der Bauart bei Diagonal bleibt (Das hatte ich für die GS >hier< mal detailliert aufgezeigt).
...
...war für mich Anlass genug.;)
 
Der Paketpreis ist ja nett, aber eine Mogelpackung.
Die haben alle Angst vor der eigenen Courage.
Bei einem Moped mit 60 PS ist das lächerlich.
 
Die deutschen Juristen verbreiten halt AnGSt und Schrecken. Deshalb geht hier im Land vieles nicht mehr voran.
"The German Angst".
Wohl dem, der dadurch Kapital schlägt. ;)

Danke Marcus für Deine stets sehr detailliert verfassten Texte. )(-:

VG
Guido (der zum Glück mit keinem seiner Karren betroffen ist)
 
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