AW: Mein neues Projekt- Dnepr 650 Inlandsschlampe
Vorab: mir ist bewusst, dass ich mein eigenes Ansehen in Gefahr bringe, wenn ich diese Bilder hier poste und anschließend trotzdem weiter mache.
Gestern war der Tag der Ersatzteilbestellung. Ich habe mich dazu entschlossen, den Motor komplett neu aufzubauen. Warum, das wird man nachher noch deutlicher sehen als auf den bisher gezeigten Bildern.
Als ich 2009 meine K750 restauriert habe, konnte man bei den einschlägigen Russenteilehändlern zwei Qualitäten bestellen: russisch und deutsch. Heute sieht es ganz anders aus. Neue Ersatzteile gibt es in Hülle und Fülle. Die Teilehöker sind wirklich perfekt aufgestellt mit ihren bebilderten Onlinekatalogen. Und da so ein Russendampfer aus verhältismäßig wenig Teilen bestellt, kann man dort auch wirklich jedes Ersatzteil bekommen. "Gibt´s nicht" gibt´s nicht.
Es gibt die russische Qualität! Das ist zwar eigentlich ukrainisch, denn Kiew liegt in der Ukraine, in den Katalogen steht aber russisch. Bei der russischen Qualität wird noch unterschieden in "frisch vom Dnepr-Werk" und "Militärausführung. Die Qualität "frisch vom Dnepr-Werk" ist das schlechteste, was es gibt. Die Fabrik existiert übrigens immer noch und produziert zumindest Ersatzteile für den europäischen Markt. Bauteile wie Endantrieb sind in der Militärausführung deutlich besser als die zivilen E-Teile. Allerdings wird in einigen E-Teil-Katalogen noch zwischen der normalen Militärqualität und der CCCP-Militärqualität unterschieden. Teile von vor 1990 scheinen also etwas weniger schlecht zu sein.
Dann gibt´s die chinesischen Naubauten der russischen Teile, z.B. der K68-Vergaser. Die Russenteilehöker bewerben ihre Vergaser mit "Achtung, russische Originalteile, keine billigen chinesischen Nachbauten"
Wer ganz unten ist, sucht sich immer noch einen, der noch tiefer steht.
Um Welten besser soll das Prädikat "aus EU-Herstellung" sein. Damit ist wohl Polen gemeint. Die Teile sind teurer als russische Ware, aber immer noch deutlich preiswerter als deutsche Ware. Damit sind wir bei der höchsten Qualitätsstufe und auch gleichzeitig bei dem Problem: was nehme ich? Die Meinungen sind eindeutig, dass man einen Russenmotor nur mit deutschen Lagern aufbauen kann. Das sehe ich auch so. Bei den Kolbenringen habe ich mich für EU-Qualität entschieden. Vier Ventile in Russenqualität kosten 16 EUR (alle zusammen!!!), 2 Pleuelstangen kosten zusammen ebenfalls 16,-EUR. Bei den Lagerschalen kaufe ich deutsche Produkte. Ich habe mir zwei neue Zylinder inkl. Kolben, Kolbenbolzen und Sicherungsringen und Kolbenringen bestellt, komplett für 79,-EUR. Die Kolbenringe werde ich aber nicht nutzen, sondern habe mir EU-Ware bestellt. Die Russenkolben soll man vor dem Einbau tempern, also mehrmals auf 120 Grad erwärmen und langsam wieder abkühlen lassen. Damit würde die Klemmerneigung deutlich reduziert werden, weil die Kolben außerhalb des Motors ihre endgültige Größe einnehmen
Ich habe noch jede Menge mehr bestellt und warte jetzt auf die Nachricht vom Zoll, dass ich den Kernschrott abholen kann.
Und nun die Ursache, warum ich den Motor komplett neu aufbauen will.
zuerst ein paar Bilder der der Oberfläche des Motors, die zeigen, dass man die Verarbeitung überhaupt nicht mit westlichen Standards vergleichen kann:
Die vordere Motorabdeckung von oben. Das Material ist gruselig.
Der Motor von oben. Das lässt sich alles glattschleifen.
Die krumm und schief eingeschlagene Motornummer.
Die neueren Motorengehäuse haben ein Schauloch. Meine K750 hatte das nicht. Da musste man den OT mit einem Totpunktsucher ermitteln (oder mit einem ins Kerzenloch gesteckten Schraubendreher). Hier ist zwar ein Schauloch vorhanden. Der Kolben steht im OT. Eine Markierung auf der Schwungscheibe sucht man hier vergebens. Die Markierung wird wohl erst ab dem 2020er Baulos eingeführt.
Die verstemmte Kupplungsschraube. Nix Inbus. Längsschlitz ist hier angesagt. Weil es sich so leicht und präzise ein- und ausdrehen lässt.
Zwei Körnerschläge mit dem Mottek sollen den Gau verhindern
Die Pleuelschrauben von oben. Sie sind gesichert durch einen Splint. Immerhin.
Die Pleuelschrauben von oben. Sie sind gesichert durch einen Splint. Immerhin.
Da bauen die Jungs so einen Scheiß und schreiben noch drauf, dass es von Ihnen ist. KMZ,
Kievskyi Mototzikletnyi Zavod. Ich stoße da an die Grenzen meines Verstandes. Jeder Berufstätige will sich doch eigentlich mit seiner Firma, seiner Dienststelle oder seiner Aufgabe identifizieren und seine Sache gut machen. Die Arbeiter des Dnepr-Werks haben bestimmt alle zuhause Internet und können auf 1000 Homepages nachlesen, was die Motorradwelt über das Ergebnis ihrer Arbeit denkt. Dnepr baut die schlechtesten Motorräder der Welt. Die Arbeiter wissen das, da bin ich überzeugt. Ich habe Verständnis dafür, dass in der sozialistischen Mangelwirtschaft nichts vernünftiges produziert werden konnte. Das ist aber 25 Jahre her, und die Qualität der Produkte aus dem Kiewer Werk sind seitdem eher schlechter als besser geworden. Warum geben sich alle damit zufrieden. Die verdienen nichts anderes als einen Ferdinand Piech.
Das Getriebe von der Kupplungsseite her betrachtet. Der glatte Kinderpo leidet wohl an Zellulitis.
Ein Blick in den Zylinderkopf, den ich als Ersatz für den defekten mitbekommen. Die Ventilführung ist gerissen.
Damit nicht genug.
Die gesamte Ecke des ZyKos ist mal herausgebrochen. Der Besitzer hat das aber nicht zim Anlass genommen, einen neuen ZyKo einzubauen. Er hat ein Loch in den Zylinderkoppf gebohrt und eine Konterplatte eingeschraubt. Anschließend hat er alles mit Kunstharz (oder so) vergossen. Man kann den Russen vieles nachsagen, aber nicht, dass sie stupide Teiletauscher sind. Das nenne ich mal eine feldmäßige Instandsetzung von Gefechtsschäden. Respekt!
Eine Gewindebuchse für die Zündkerze wurde in den Zylinderkopf gewurstet.
Völlig verschlissene und eingehämmerte Ventilsitze. Kernschrott.
Die Exponate werde ich auf jeden Fall aufbewahren. Irgendwann kann man darüber lachen.
So, das war´s erstmal. Jetzt heißt es: warten auf das Paket aus der Ukraine.
Ihr könnt mit dem Finger auf mich zeigen. Ich werde trotzdem weitermachen.
Gruß
Dirk.